Weinnase auf den Azoren 2003

Newsletter Nr. 31: Das kann nun niemand behaupten...


... das Santa Maria in der "Steinzeit" verharren würde. Ich würde, nach nun 4 Wochen hier auf dem paradiesisch anmutenden Insel'chen eher von der "Bronzezeit" reden. Etwas "Technik" wird schon von "Opa Jensen", unserem wohl ältesten Nachbarn u. Bauern im Além ("Allein" ausgesprochen!), eingesetzt. Aber die Bodenbearbeitung auf seinen festen Böden macht er -allein- i.d.R. mit einem Werkzeug aus Holz & Stahl: einer sog. "Hau-Hacke"!
Damit hat er nun in einer Woche den kleinen Acker, über unserem Haus, zum "Krüppelwäldchen" bearbeitet und heute, mit gemessenem Schritt und sicherer Hand, Saatkartoffeln ausgebracht.
Wie seit Jahrzehnten so!

Tja, "Steinzeit" ist auch auf Santa Maria so vorbei. Zwei Disco's auf der Insel, zahlreiche Kleinwagen und der Esel von "Opa Jensen" zeugen von Fortschritt. "Opa Jensen's" Alter kann ich schlecht schätzen. Aber sein schlohweißes Haar, sein braunes, zerfurchenes Gesicht lässt auf "biblisches" Alter schließen.

Als junger Mann wird er wohl die "Invasion" der amerikanischen Bautrupps (+ 2.000 Mann!) mit seiner Arbeit gegen "harte Dollars" (ca. 1.000 Acorianer arbeiteten damals mit) unterstützt haben.
Als die Amerikaner hier im fast planen Westen der Insel einen Flughafen -fast über Nacht- in 1944/45 aus dem steinigen Boden stampften und mit Wellblechhütten (die heute noch so wie vor fast 60(!) Jahren standen/stehen) aufbauten.
Den Airport nutzten die großen Airplanes als notwendigen Zwischenstopp bei den TRANSATLANTIK-FLÜGEN. Einige Jahre war somit diese kleine Insel zum unfreiwilligen "Drehkreuz" zwischen Amerika u. Europa/Afrika geworden.

Was würde aber "Opa Jensen" sagen, wenn er von den seinerzeitigen Plänen im II. Weltkrieg gewusst hätte, diese und die anderen 8 Inseln, wegen ihrer strategischen Bedeutung, durch amerikanische Streifkräfte zu besetzen?
Mit rund 30.000 Mann, U-Booten, Zerstörern u. amphibischen Truppen, Flugzeugen und viel Dollars wollte Amerika seinerzeit diese zum neutralen Mutterland Portugal gehörenden Inseln... besetzen!

Auf 11 nüchternen Seiten sieht im 16. May 1943 der amerik. Joint War Plans Committee auf nachhaltigem Drängen der Joint Chiefs of Staff dies -tatsächlich und geheim- vor.
Erst am 18.04.2003 wurden diese zum 21. May 1973 (aufgegebenen) freigegebenen Pläne eines Kriegswahnsinns nur sehr wenigen bekannt.

Aber hier in der kl. Bibliotheca Municipal von Vila do Porto auf Santa Maria hab' ich diese völkerrechtswidrigen Pläne der Amerikaner   g e l e s e n .
Hier in dem kl. Klosterkirchlein an der Rua Bettencourt von Santa Maria eine der... als >LIMITED DISTRIBUTION< herausgegebenen Ideen, diese Inseln sich notfalls mit Waffengewalt im Handstreich anzueignen:
      > PEACEFUL OCCUPATION OF THE AZORES <

Insges. 25 Seiten eines Dramas mit 11 Seiten eines kriegerischen Aktes gegen ein friedliches Volk, das im II. Weltkrieg sich neutral gehalten hat. Selbst die Nazis respektierten diese UN-geschätzte "Stellung" Portugal's. Aber mit 25.700 troops, 41 oblolete aircraft und 2 DD's (was dies für Schiffe sind: ?) wäre der Frieden zerstört und ein -Teil- Land in Europa nicht "befreit" sondern gewaltsam   b e s e t z t   worden.
Unter "O Plano dos Estados Unidos para invadir os Acores" sind hier diese "realistischen" Pläne auffindbar. Leider aber nicht kopier- oder ausleihbar!

Ach ja, so an 55 Millionen Dollar waren s.Zt. diese friedlichen Inseln den USA und ihren engl. Verbündeten "wert". Diese "Abfindung" war für Portugals marode Wirtschaft als... Trostpflaster gedacht: Wirtschaftshilfe ala American!

Und daß das so nicht gekommen ist, ist dem Kriegsglück der Alliance der Mächtigen USA mit GB und der "See-Hoheit" im Atlantik zu verdanken. Denn dann konnten von Amerikas Küsten in Miami oder bei Boston die für den Krieg in Europa gecharterten u. von deutsche U-Booten art dezimierten Konvoi's, wieder so sicherer den Atlantik überqueren und ihre Kriegsfrachten "rüberbringen".

Tja, eine kleine Insel im weiten Atlantik wäre "um ein Haar" beinahe mal in's Weltgeschehen als wichtigster Punkt zwischen Europa u. Amerika "aufgerückt"!
Schon der als "Henry the Navigator" bekanntgewordener Kronprinz von Portugal, wusste so für seine Karavellen um den "strategischen Wert" dieser Inseln.
Nur ging's "damals" gegen Amerika, daß eigentlich doch Indien sein sollte! "Times are changing"!

eure stets NEUgierige Weinnase auf den Acores,
solche "Überraschungen" mit nem Roten FONTES "verdauend"!