Weinnase auf den Azoren 2003

Kalendergeschichten

Nur ein paar "dumme" Weinnasen-Gedanken


Hi!

Ich kenne viele, die auf "Inseln" leben und sich von dort nie forttrauen. Viele "Eva's" verbringen so IHR Leben; manche glauben 's wär das "Paradies" an ... Freiheit!
Für mich wär's hier und so zu einsam!
Mehr beim besten Willen nitt!
Gruss CpS


ISALTINA.....

trinkt! Macht sie sich dadurch unsympatischer? >Nein<. Sympatischer? >Nein!<
Seitdem sie - leicht schwankend und mit 'nem süßen "Lall" vor der Weinnase stand, mach' ich mir nur etwas mehr Gedanken um/über sie; und das Schicksal der wohl meisten Inselfrauen aus den kl. Dörfern und Weilern. Von den ur-alten Naturstein-Bauernhöfen auf Santa Maria in den "Nebel"-Bergen"!
Mit "Händen & Füssen" hab' ich mich mit Isaltina "unterhalten". Viel konnte ich nicht "rausbekommen". Meisst war da nur das - strahlende - Lächeln in gesund-braunem Gesicht der Bäuerin. Aber eines scheint mir gesichert: Mehr als 100 km war Isaltina noch nie in ihrem so - mit 45 Jahren geschätztem - ganzen Leben, noch nie weiter von Alèm, ihrem Zuhause weg.
Nur einmal, da war sie die 100 km - WEIT WEG - nach Pta. Delgada, auf die Nachbar-Insel gekommen.

Was für uns ein Idyll an Ruhe und natur, ein kl. Paradies "am Rande der Welt", ist, ist für sie - bittere - Realität einer Abgeschiedenheit und ausweglosen Situation einer Vereinsamung. Denn bald werden auch ihre "flüggen" Töchter sie verlassen.
Eine wird in >Europa< (damit ist das portg. Festland gemeint) ihren Weg als Lehrerin machen wollen. Die Ältere von den beiden freundlichen Mädchen, will... Feuerwehr"frau" werden und dazu muß Schulbesuch (!) auf dem Festland her.

Grundschulen bestehen hier. Die meisten - wie im Nachbarort Malbusca -, in 1964 festlich eingeweihter "Fortschritte", steht schon seit Jahren   l e e r .   Und zerfällt langsam. Das "Kino", in der original US-Militärbaracke am Airport, spielt einmal die Woche Filme, meist Schnulzen oder "Action"! Dann gibt's noch viele Kirchen.
Und daher keine "Kultur" im in für uns eigentlichen Sinne. Vier Café's, die gibt's noch in der Hauptstadt. Isaltina kann aber nicht mit Bus (der fährt nicht) oder Auto in die "nur" ca. 12 km entfernt gelegene Insel-"Hauptstadt" Vila do Porto zum "Shopping" oder Nachbarschwatz. Die Kinder sind froh wieder mal mit "Gleichgesinnten" auf der Ganztags-Schule sich "auszutoben".
Miguel ist der >marido< von Isaltina. Eigentlich ist er Fischer. Nun ist er auf "Arbeits-suche" und mit der angetagten "Familien-Kutsche" unterwegs, um mit und bei seinen Fremden - irgendwo auf der Insel hockend - von "besseren Zeiten", von AMERIKA von fair bezahlter Dauerarbeit - und davon, daß er mal "nach Europa" könnte - zu träumen. Denn diesen langgehegten Traum würde er gerne seiner Isaltina.... Ehefrau und Mutter, erfüllen. Dann, wenn die Mädels aus dem Haus und - verheiratet - in "guten Händen" sind. Dann wenn er nicht mehr sich über den Unterhalt der Familie sorgen müsste; wenn die Schwiegersöhne ARBEIT hätten und ab und an mit ihm mal fischen gingen.

Und deshalt trinkt Isaltina!
Weil's halt eben nur ein Traum ist und... bleibt! BASTA !!!

Leider trinkt Isaltina keinen Inselwein und nicht mir mir. DAS schickt sich nicht. Ist doch schließlich eine ehrbare - stolze Frau von den Acoren. Eine kleine - lebendige - und mutige Frau aus dem Herzen von Santa Maria. Dort wo sie scheint's alle so sind.
Sich und dies "Schicksal kennend: "Träumend"!

Wenn Isaltina statt des "tödlichen" >Landschnappes<, dem AGUARDENTE de pais, so mit mir den inseltypischen Roten "FONTES" getrunken hätte, hätte ich sicherlich mehr portugiesisch "gesprochen" und "SIE" mich auch dann besser "verstanden". Denn: WEIN IST EIN MEDIUM; er verbindet in Freunschaft mit dem Guten!

Schade; hätte mich gerne intensiver mit Isaltina unterhalten. Mehr von IHR und ihrem bäuerlich-geprägten Leben erfahren. Sie besser "verstanden". Gefreut - sehr - hat sie sich schon   s e h r   über das Geschenk, was wir IHR, der stets aufmerksam freundlichen Nachbarin, wegen ihrer Hilfsbereitschaft, aus Vila do Porto mitbrachten!
Brigitte hatte es ausgesucht und ich versuchte - hilflos - mit dem "blöden" BERLITZ-Sprachführer IHR zu erklären, daß es uns leid täte, daß das presente(!) nicht in Geschenkpapier verpackt war. So wie's sich doch bei uns gehört!

Nach langem zögerlichen Erklärungen, vielen, vielen >NÀO's< nahm sie dann doch - verlegen sich bedankend - das "Packerl" und schwankte zu ihrem Hof rüber. Die Sau machte ihr Sorten. Das hiesige "Woll"-Schwein ist das "Sparbuch" der kl. Bauern hier. Zuverdienst und i.d.R. illegal geschlachtet, ein notwendiger Hinzuverdienst für die - wirklich mal - armen Bauern/Fischer des 9-er Archipels am Rande der - westlichen - Welt und portugiesischen "Leiter des Wohlstandes"; im westl. Europa.
Völlig abhängig von Europa's Kassen und port. "Wohlfahrt". Jedes "moderne" Industriegut, Auto, TV, PC, Schrank, Stuhl, Lampe, Kleidung u.s.w., muß über 9 (!) Inseln verteilt und so ca. 2.000 km - teuer - geschippert werden.
Fast "koloniale" Formen einer nicht existierenden Wirtschaft bedeutet dies: fast alles ist teurer(!) als "in Europa". Oder es gibt's - einfach nicht? - hier nicht.
Und wird's nie geben, weil sich ein "Import" für diese Bevölkerung der "aussterbenden" Inseln der Glückseeligen vom portg. Festland einfach nicht lohnt.

Und deshalb find ich zZt. auch nix besseres im Glas! KLAR!!!
Und versteh' die Isaltina!

Gruß Weinnase,
bsinnlich auf's Meer blickend