25.10.2008
Tach aber auch!
Mein Wissen über den riesigen Staat Brasilien, dem südlichsten Bundesland Rio Grande do Sul, dem weiten Grashügel-Land, der Pampa und unserem Dorf Morro Redondo als rudimentär zu bezeichnen, ist noch zu weit gegriffen. Zu wenig haben wir, u.a. wegen der beiden Unwetter, wo das gestrige mit Eisregen und Hagel (und örtlichen Tornados) sowie irre tobenden Stürmen weite Teile des Landes und den Landwirtschafts-Anbau zerstörte, diese hier unbekannten Unwetter, in diesem verheerenden Ausmaß verstörten die "Hiesigen" doch sehr. Uns beunruhigten sie und lassen ahnen, welche Umwelt-Schäden sich nun, als Folgen menschlichen Handels und Seins, einstellen und Land und Leute arg belasten werden.
Die massigen Regenfälle haben weite Gebiete im Norden des Staates zu Katastrophen-Gebieten, mit unpassierbaren Pisten und Straßen gemacht, die die Versorgung sogar zeitweise unmöglich machte.
Gestern, über Nacht, haben hier im Gaucho-Land viele Menschen ihre bäuerliche Existenz und Zukunft verloren. Die verwüsteten Felder werden in diesem Jahr wohl keinen Wuchs und Ertrag zeigen und bringen. Ob es dem zähen Menschenschlag hier im Süden gelingen wird, dieses Desaster noch wirtschaftlich -durch evtl. und teure Versicherungen- aufzufangen, dies muß sich erst noch zeigen und bewertet weden.
Die Gebäude werden einige noch nicht kalkulierbare und evtl. nicht versicherte Schäden haben. Die hüttenartigen Favelas existieren nicht mehr und der Boden erodiert schneller. Auch eine der Umweltschäden in Folge der gierigen und riesigen Flächen vernichtenden Abholzung etc.!
Nachrichten konnten wir wegen des/der Unwetter noch nicht in Gänze bekommen. Zeitweise war Stromausfall und überall steht das Wasser auf dem Lande und dichter, tief liegender Nebel hat die Regenfluten der letzten Unwettertage abgelöst. Eine seltsame Stimmung war gestern auf den Pfaden und einzigen Pflasterstraße des Dorfes spürbar: Bedrückung bei den wenigen Menschen, die wir beim notwendigen Einkauf machten, war sichtbar und die Sorge(n) spürbar.
Eine "Schwarze Nacht" für diese eh' schon gebeutelte und wirtschaftlich "schwachgewordene" Gegend, die von Landwirtschaft weitestgehend lebt; und dies auch nur mit Ach und Krach!
Dies spiegelt sich auch in der verfallenen Pracht der Kreis- und Uni-Stadt Pelotas ab, die aber auch gar nichts an Charme einer zu empfehlenden Stadt hat. Wer nichts zu handeln, verhandeln oder aus der Umgebung kommend, weiterreisen und umsteigen MUSS - nichts in der Stadt wirkte auf uns anziehend und der Mühe einer Anreise von +1 Std. über die Sand- und Knüppelpisten der Pampa dazu so anziehend. Ausser, man muß sich an wenigen Banken (Bancomaten) Geld oder etwas zum Anziehen besorgen. Einzig die riesige renovierungsbedürftige Markthalle des "Centro Mercado" lohnt, wenn man schon mal hinumusste, einen etwas kurzweiligen Besuch!
Nachrichten aus Deutschland? Fehlanzeige! News über die derzeige Weltwirtschaft (="Bankenkrise" genannt!) sind uns unbekannt. Seit Anfang Okt. 2008 wissen wir -wohltuend- nicht, was uns die News-Stakkatos der Sprecher und Kommentatoren-Wissen so weißmachen will und doch selber nur von "Halbwahrheiten" lebend, uns noch mehr verunsichert und beunruhigt. Uns, die wir dem Schicksal trotzen müssen, daß uns die Gierigen und Manager so perfide eingebrockt haben mit den üblen Abzockespielen und ihren exorbitanten Salären und Provisionen von mehreren Millionen Euro pro Jahr.
Nichts Neues aus der "Alten Welt", vom Verbleib des wohl nun "teuren" Geldes. Von unseren Familien und Freunden und... unserem kleinen "Zaubergarten" im Southpark von Düsseldorf. Kaum einen -mäßig- guten Empfang per Handy (SMS!) oder Chance zur Internet-Nutzung ist uns hier möglich. Geboten wird nur -ab und an- der "schneeige" Empfang des hiesigen -uns unverständlichen- TV-Programms (Radio).
Und dies, dies wars nun vom Rest der Welt. Ich hoffe mir für unsere Lieben, daß das Leben ihnen positives bietet, ihnen es gutgeht und... was sie so machen. Nein, "Heimweh" ists nicht. Kenn' ich auch nicht. Nur meine Gedanken sind bei den Menschen, die mir etwas wert und lieb in der Erinnerung geblieben sind.
Braislien ist uns noch in weiten Teilen fremdgeblieben. Kaum etwas von dem Riesen der Natur haben wir gesehen. So solls auch mit den meisten Brasilianern stehen: Viel von ihrem Land haben selbst sie nicht gesehen. Zu groß ist dieser Staat, zu weit all die Sehenswürdigkeiten entfernt. Zuviel Zeit und Geld würde eine "Rundreise Brasilien" auf/von uns kostenmäßig fordern!
Für den Brasilien-Touristen-Trip sind wir diesmal nicht nach Brasilien gekommen. Unser Anliegen war, uns hier im Gaucho-Land in/bei Morro Redondo -auf Einladung von Oswaldo- umzusehen. Ob wir hier in Zukunft -einfach- leben wollen, leben können. Hier in einer der fünf geographischen Regionen, dem Weideland, Pampa genannt.
Nun, welche Eindrücke haben wir bisher gewinnen können? Was ist unser Statement?? Was erwartet uns hier???
Auf diese drei Fragen haben wir noch keine schlüssige Antwort, noch kein abschließendes Urteil finden können, noch nicht alle uns wichtig erscheinenden Erkenntnisse erlangen können!
Berücksichtig man unsererseits die überraschenden Ver-/Änderungen >XVI.<, muß vieles neu überdacht und berücksichtigt werden, was unser Urteil, das eigentlich mehr eine Einschätzung ist, beinhalten muß. Und dazu mangelt es an der auch schon vordringlichen Frage zum angemessenen "Dach überm Kopf"!
Als wir 2003 auf den Azoren, auf der Insel Santa Maria, für längere Zeit waren, haben wir an einer kleinen, alten Kirche einen steinernen Hinweis auf die vielen Auswanderer gefunden, die von Portugal -Algarve- und den Azoren - von just dem kleinen Hafen zu Füßen der auf der höhergelegenen Steilküste liegenden Kirchlein, einst als geworbene Siedler lossegelten und an der dem Kontinent Afrika nächsten Punkt, dem Gebiet bei Natal -meist- ankamen. Dieses heutige Natal liegt mit seinen 3/4 Millionen Einwohnern im Bundesstaat Rio Grande do Norte, mit +400 km sandiger Dünenküste, auf 56.000 km2 Landesfläche - DER "Strandstaat" schlechthin.
Holländer, französische Piraten, Portugiesen und Spanier versuchten, sich an der Dünenküste festzusetzen. Den Portugiesen gelang es (erster "Versuch" 1535 scheiterte) mit der Gründung zum 25. Dez. 1599 endgültig. Vorab sicherten sie bereits zum 06.01.1598 ihren Besitzanspruch an der Mündung des Rio Potengi durch Befestigungen und Forte dos Reis Magos (="3-Königs-Festung"). Die militärisch überlegenen Holländer nahmen dennoch Feste und Stadt 1633 ein und benannten auch diese Siedlung in "Neu-Amsterdam" um. Erst 1654 konnten die Landesherren ihren Besitz wieder einnehmen und in Natal (="Weihnachten"), dem heutigen Bundesland Rio Grande do Norte in weitere Besiedlungen ausweiten. Heute leben 2,6 Mio. Brasilianer vom Tourismus, weniger von der Landwirtschaft, aber in zunehmendem Maße von der Erdölförderung und beginnender Industrialisierung. Bekannt ist Natal aber auch als stolzes Projekt der brasilianischen Weltraumfahrt in Barreira do Inferno. Von dem ehem. USA-Luftwaffenstützpunkt (II. Weltkrieg) gehen Trägerraketen bras. Produktion in den Weltraum. Ein bras. Traum ging hier in "zweifelhafte" Erfüllung.
Da ich Brasiliens "Stammland" seit der -letzten-, sog. "Nelkenrevolution" (siehe: www.weinnase.de/weinnase-libertade) kenne und liebe, die Azoren, mitten im Atlantik kennen- und schätzengelernt habe, war der Schritt, die Reise ins ehem. Kolonialreich Brasilien für mich die logische Abfolge meiner "lusitanischen Weltreise". Zumal am Rio Xingu noch eine Überraschung, seitens meines dort in der "Schweige"-Mission verstorbenen Onkel Dagobert, einem kath. Missionar und Visionär auf mich wartet.
Überraschungen der sehr besonderen Art warteten aber heute schon auf uns. Wir sahen uns heute in MorRe zwecks Anmietung eines Ersatz-Domizils um und besichtigten im Dorfkern einige Angebote an frei werdenen/freistehenden Immobilien. Das beste und auch teuerste Haus war uns zu groß und mit 350 Euro für ortsübliche Verhältnisse zu teuer (möbiliert auf 5 Räume, Terrasse und Garage und Bad/WC) WW- und E-/Wasserversorgung.
Die beiden anderen Objekte waren mit ca. 100 Euro für uns finanzierbar aber... so primitiv wollen wir doch nicht leben. Hier wurde der Deutsche mit dem Reichen gleichgesetzt. Das Angebot war den Preis in Brasilien nicht wert - und für uns ist eine Hütte nicht der geeignete Platz fürs Leben. Diese Angebote lagen weit "daneben"! Sie waren schlicht unzumutbar...!!
Nun sind wir gespannt, was uns Oswaldo, gegenüber seinem Land in der kleinen "Casa Verde", dem Grünen Häuschen im Grünen, offeriert.
Ein anderes Angebot fanden wir heute, weiter vom Dorfkern entfernt in einem pitoresken Tal von MoRe. Hier, an einem romantischen Wasserfall lagen in einer sehr -auffällig- gepflegten Parkanlage einige sehr ansprechende Gebäude mit kpl. eingerichteten Appartements für 2 oder 4 Personen. Alle parkseitig mit großzügiger Terrasse und Blick auf die Felsenlandschaft im rauschenden Fluß mit seinen Cascaden und Fällen inmitten einer ungemein reizvollen Natur mit Blumen und Obstbäumen, kleinem See und... es wäre unser Traum hier in dem stillen Tal der >Ponsada da Cachoeira< zu wohnen und an den über 25 m hohen Fällen unsere Seelen baumeln zu lassen und eine unberührte Natur zu genießen, der (brasilianische) Gaucho-Leidenschaft des Grillens und "freien Lebens" nachzukommen. Ein Traum, der für nur 80 R$ nicht zu teuer ist.
Wenns aber für nur 24 Std. der Mietpreis ist, bleibts halt für us nur ein Traum. Obwohl Raum genug für bis zu 4/5 Personen in den 2 Räumen/Kitchenette, mit Dusche+WC+TV+Kamin+Terrasse ist. Die "Endreinigung" käme noch mit 5 R$ zur Rechnung, genau wie die Selbstverpflegung. Leider verfügt das herrliche Anwesen nicht über ein Restaurant und ist unseren Füßen auch zu weitab von der nächsten Bushalte (über eine lange, waldreiche Piste) gelegen!
Unser Geheim-Tipp für Reisende, die absolute Ruhe in unverschandelter Natur suchen und sich die Pampa/Pelotas/Morro Redondo zum Reiseziel ausgesucht haben!
Ob 'ne Strandhütte im sonnigen-sandigen Natal oder www.natguia.com.br oder www.setur.m.gov oder www.natal.de oder zur Hotelauswahl www.natal-brazil.com oder ins ausgezeichnete Spitzenrestaurant am südlichen "Praia de Pirangi"-Strand, dem www.pacocadepilao.com.br der Dona Adalva. Hier am Atlantik ist die Auswahl ungleich größer aber es ist auch toruistischer und... inmitten einer unvergleichlich schönen -riesigen- Dünenlandschaft gelegenes High-Light. So wie die Pousada "Free Willy" sich in bester Strandlage für sonnen- und badesehnsüchtige Gäste seine nur 10 Zimmer (AC, Pool) im DZ/F für ca. 30 Euro zum längeren Urlaub anbietet. Und Natal ist von Düsseldorf-Airport im Direktflug (Charter, meist mit Arrangement) preisgünstig zu erreichen!
Ob wir aber nach hier, in den sonnig-heißen Norden ans Meer uns "verziehen", in die "Dünenberge" des Genipabu, oder in den "Grünen Hügeln" der Pampa bleiben. Noch wissen wir es nicht. Nur... so einst geplant und uns angeboten, gehts nicht so heiter weiter. Hauptsache, wir finden -bald- ein sauberes und ruhiges Bett in einer ansprechenden Unterkunft, die für uns bezahl- und längerfristig nutz- und mietbar ist. Da ist es uns gleich ob uns Sand oder Grün dann umgibt. Aber... ob es so etwas für uns zu finden gibt?!?
Ob in Nord (Natal) oder Süd (Pampa), wir werden uns bald entscheiden, oder am Rheines Strand in Düsseldorf ab Dez. 2008 weiter bleiben und noch oft an unseren Traum: Lebem im "Freiraum" von Brasilien denken!
Z.Zt. bindet uns aber nur ein "sehnsüchtiges" Denken, daß uns dieser nun unhaltbare Zu- und Umstand bald erspart bleibt - sonst können wir hier nicht weiter bleiben und so hoffnungsfroh und "blauäugig" in den Pampa-Tag von MoRe leben.
Und zu der Entscheidungsfindung gehört an 1. Stelle die noch mit Oswaldo abzuklärende Frage zur Nutzung der "Casa Verde" an seinem Grundstücksrand und dessen Ausstattung sowie einige Arbeiten ("Schönheitsreparaturen") im/am "Häuschen im Grünen"! Und natürlich die damit für uns verbundenen Verpflichtungen und Kosten. Alle diese Ereignisse und Aufregungen sowie drängenden Fragen ließen mich diese Nacht - seit nun fast 3 Wochen hier in der Papma sehr schlecht -beunruhigt- schlafen. Bereits gegen 2:00 Uhr war ich -nervös- aufgewacht und habe über unsere "veränderte" Zukunft bis zum frühen Kaffee im ersten Sonnenschein nachgedacht: Was hat uns unser Interesse an Brasilien bislang "eingebracht" - was wird und kann sich hier für unsere Zukunft -positiv- entwickeln? Könne wir mit unseren knappen finanziellen Mitteln unser Leben (in der Pampa) nach den Veränderungen überhaupt noch meistern?
Hinzu gekommen ist noch, daß es mir z.Zt. -trotz der deutschen Medikamente- nicht besonders gut geht, es schlecht mit meiner Gesundheit steht und es deshalb, sicher bald, zum Arzt/Untersuchung geht. Etwas, was mir das Sorgen-Paket noch etwas schwerer macht und letzte Nacht zu kurz hat werden lassen.
Heute werden wir in der Kreisstadt Pelotas sein, Geld von dann hoffentlich unbestreikten Banksystem (Automaten) und noch etwas eingekauft bekommen. Denn seit nun 3 Tagen sind wir in der "Zweitküche" des alten Farmhauses, unseres Zuhauses auf nur noch kurze Zeit (?) die Selbstversorger für zumindest noch knapp 2 Monate, hier in der Unwetter-geplagten Pampa in MoRe.
Also... bis später - até manhana!
CpS
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