01.11.2008
Tach aber auch!
Auch hier ist er Brauch: mit langem Bart, langen, grauen Haaren und 'nem dicken Bauch! Und Miguel, der kleine Sohn des Viehhändlers vom nachbarlichen Farm-Gehöft hatte ihn - bei sich auf elterlichem Hof stehen und leibhaftig vor sich gesehen: "Papa Noel"; der Weihnachtsmann war höchstpersönlich und für seine Wünsche zu erfüllen, schon vor der Zeit und nur für ihn, den 4-jährigen regen kleinen Kerl da. Vor lauter Aufregung, mit lautem Freudengeschrei rannte er los und fiel in den Dung (s)einer Vaca von Papas Herde!
Ihm machte dies und unser schallendes Gelächter nicht die (typisch bras. schwarze) Bohne aus. Er lief und lief und rannte ums und ins Famrhaus der stolzen, jungen Eltern um es allen lautstark zu verkünden, daß er den Weihnachtsmann - vor allen Kindern zuerst - bei sich zuhause hat.
Mit meinem über die Schultern gewachsenen hellgrauem Haar, den Bart bis auf die Brust reichend sah ich - lebendig und in fremder Sprache redend - für ihn, den kecken Knaben, nun wie Papa Noel do Alemanha aus. Und den fragte er prompt nach den Gaben, die seine Wünsche waren, aus. "Bringst du dem Vater den neuen Traktor? Oder den großen LKW, mit dem ich..." mehr verstand ich von seinem aufgeregten Geplappere leider nicht.
Don Oswaldo war an dieser Geschichte = Als der Weihnachtsmann aus Deutschland in die Pampa kam = nicht ganz unbeteiligt und hatte vor unserem Besuch dem einzigen Sohn der Nachbarfamilie eine echte Überraschung aus Deutschland telefon. vorab versprechen lassen: Und die war nun ich, der leibhaftige zu küssende Weihnachtsmann!
Mit der Figur und "Frisur" bin ich in den ersten Tagen im Dort "auffällig" geworden und wurde bestaunt und "ausgefragt", befragt, wie es denn im fernen, unbekannten Stammland der meisten ehem. Einwanderer nun sei. Leider nur die ganz Alten sprechen noch etwas "pommerisch" als "deitsch" und begrüßen uns erfreut, als "deitsche Leit", ganz herzlich willkommen. Zwischenzeitlich hatte Miguels außergewöhnlicher Besuch und die Geschichte darum, die Runde in der lachenden Nachbarschaft gemacht. Und immer wenn mich der Miguel, neben seiner Mutter im Fond des Wagens sah, wurde er ganz aufgeregt und Mutter mußte >sofort< halten, damit er mir Fragen und Geschichten stellen/erzählen konnte.
Zur Grande Fiesta, Mitte Okt. 08, war sie nun ab, meine bestaunte graue Haar-Pracht. Der Herr Pastor -und Dorf-Frisör-, der hatte gekonnt mit Messer und Schere 'nen anständigen Grande aus mir "geschnitzt". Alle haben so verschmitzt gegrinst als Miguel -ganz betrübt- erklärte, daß ich nun nicht mehr >sein< persönlicher "Papa Noel" mehr sei und so komisch reden würde, ihn aber auch gar nicht verstehen würde und ihm doch die Geschenke, die er sich so sehnlichst wünschte, nicht gebracht hätte.
Eltern und Verwandte sowie die dörflichen Bekannten hatten ihre liebe Not und Mühe, dem aufgeweckten so munteren Kerlchen nun beizubringen, daß ich nur zu Besuch -auf Urlaub quasi- in Morro Redondo weilen würde. Bestimmt würde ich zur heiligen Weihnachtszeit dann wiederkommen und bereit sein, die Wünsche zu erfüllen. Die anfängliche Enttäuschung wich einem zufriedenen, hoffnungsfrohen Lachen. Und nun grüßt mich Miguel auch fröhlich wieder, wenn er mich, die Mutter ins Dorf begleitend, vom Auto aus sieht. Dann klingts wieder so freudig und hell: " P a p a N o e l " ! ! !
Ich vermute fast, Miguel ist ob meines Besuches auf dem elterlichen Hof, der "Star der hiesigen wie riesigen Kinderschar", dem hier so etwas ganz besonderes geschah. Als der Weihnachtsmann -weit vor >Todos Santos<- (=Allerheiligen; dieses Fest wird auch hier gefeiert!) viel zu früh, aber auf Urlaub, zum Miguel von MoRe gekommen ist.
Eine solche Geschichte vergisst er wohl nicht. Auch unser Besuch, hier in den Grünen Bergen der Pampa hat einen Eindruck bei den deutschstämmigen hinterlassen: "Deitsche Leit" kommen wieder, kennen alte deutsche Heimatlieder und singen sie zur Grande Fiesta sogar lauthals, nur ein bisschen anders vom Text.
Es ist aber wie "verhext": keiner der Jüngeren um uns spricht noch die Sprache der Ur- und Großeltern; oder gar englisch. So leben wir halt etwas "einsamer" als gedacht und haben den "Hiesigen" doch viel an Gesprächstoff -zumindest bis ins nächste Jahr zu Ostern- gebracht.
Unsere Fragen nach ihrer Alten Heimat wusste kaum mehr einer, selbst der 84-jährige Marmeladen-Fabrikant im Ruhestand bei uns am Mini-Mini-Mercado schwätzend, zu erzählen. Wohl aber von einer extrem entbehrungsreichen Zeit der Aussiedlung und aus den Rück- und Schicksalsschlägen der Pionierzeit in den "Colonias" genannten Schutzdörfern in der weiten Einsamkeit einer ihnen so unbekannten Heimat in der Neuen Welt. Weitab von den "leuchtenden" Städten am Atlantico, Sao Paulo oder Rio, begann ihre harte Aufbauzeit in oft erbarmungsloser Natur!
Und wie hart die unbändige Natur hier wüten und weite Landesteile verwüsten kann, dies haben wir zum Frühlingsende/Sommeranfang, im Okt. 08 so manchen langen Tag und bange Nacht selber mitgemacht: Tobende Unwetter mit Eisregen, Hagel und Stürmen sowie tagelangem, strömenden Dauerregen. So manche (Pfirsich-)Ernte und der Saatertrag aus harter Arbeit wurde quasi über Nacht so zunichte gemacht.
Diese verheerenden Unwetter werden wieder viele Ernten und Hoffnungen vernichten und die Menschen hier, im Abseits der Pampa, noch ärmer als ohnehin schon gemacht haben. Hinzu noch eine arge Inflation, die den Ausbau der neuen Casa Grande, von Jan.-Okt. 08. um mind. 9.000/10.000 R$ "verteuerte". Und dies nur beim Material des Selbstbau-Haustraumes im Passo do Valdez von MoRe.
Ich trau' mich gar nicht unsere Gastgeber zu fragen, welche Wünsche sie denn an "Papa Noel" so hätten. Zuviel an gewissenhafter Planung und berechtigter Hoffnung ist in den letzten Wochen zum sog. Diabolo (="Deiwel") gegangen. Nicht ganz so von vorn, aber vieles neu - und eingeschränkt - muß nun von Don Oswaldo und Dona Eveli bedacht und gemacht werden. So ist auch für unsere Träume eine lange Wartezeit eingetreten, bis "Papa Noel" wieder zum Miguel und MoRe kommt!
Eure olle Weinnase
CpS
Copyright © 2007-2015 by Christian Segers - All rights reserved.
Last modified: