Weinnasen Pilgerreise 2004

Aussichtslos - für heute!


14.11.2004

Zwischenbericht einer pilgernden Weinnase!

Der scharfe Wind von den Bergen hat hier im Tal die Wolken wieder ferngehalten. Die Sonne scheint: strahlende Verführerin! Es ist jedoch nur in der direkten Sonne genügend Wärme. Im Schatten, frühen Nachmittag wird's schon merklich kälter und der Wind fängt zu zerren an.
Drei -herrliche- Ruhetage und mal wieder mit Menschen mehr als nur 4, 5 Worte sprechen- wo's Bett & Essen ist und kostet- Weine genießen. Von Klaus und Iris Kochkünsten -gestern- mit in Wein gedünsteten Paprika und geschmorter Entenbrust und "Ratte" (Kartöffelchen aus Frankreich; länglich und klein aber sehr fein) verwöhnt bis man(n) stöhnt.
Eine beeindruckende Natur, pitoreske Blicke auf's Gebirge, das alte Dörf'chen, den Graureiher im mäandernden Fluß "fischend" beobachten; "weite Blicke" vom nahen Pic des Ortes!

Und dennoch sagt mir meine Vernunft, es ist Zeit umzudrehen, weiter -aber Richtung Düdo- zu gehen. Denn der Winter hat in/an den Pyrenäen die Wege und Pässe vereist/verschneit. Ein großer Teil der seltenen Herbergen >Hospize< an den einsamen Pilgerwegen hat deshalb schon geschlossen.
>Cees Nooteboom< schreibt über >Der Umweg nach Santiago!< Ich erlebe die Umkehr auf dem Weg nach Santiago de Compostela. Nach 1 1/2 Monaten on the road again, eine mehrtägige "Auszeit" wegen Krankheit und Fieber. Mit sehr viel "Trödelzeit", um links und rechts des Weges "Genuß-Momente" zu sehen. Länger mal stehen zu bleiben. Keine "Rekord-Hatz", sondern, den Schatz der "genügend Zeit" sich nehmen!
Dies war für mich u.a. die Zeit einer Pilger-Reise, die in diesem Jahr -witterungsbedingt- keine Fortsetzung finden kann. Leider!

Von Sarrebourg den Canal du Marne-Rhône bis Nancy. Der alten Hauptstadt der Lorraine, Sitz der Herzoge dieses Landes >Le Duc de Lorraine< in alten Zeiten.
Den letzten Abend in der BRASSERIE "EXCELSIOR" war mehr ein Augen- denn der erhoffte Magenschmaus, eigentlich war's nur ein Graus. Merke Pilger: Meide dieses Haus, wenn du -wie ich- mit 'nem RuckZuckSack eine gastliche Einkehr suchst!
Da der EUROLINER (Fernbus) erst gegen 02:00 Uhr in saukalter November-Nacht am Gare du SNCF losfahren sollte, hatte ich gedacht, so bis 01:00 Uhr im opulenten Saal sitzend dem Termin entgegen zu sehen.
Um 11:00 wurde ich gebeten -so energisch wie unhöflich- weiter zu gehen. Der Gare SNCF =Bahnhof wirde kurz nach 0:00 Uhr geschlossen. Die aufgebrasselte Basserie/Café im IBIS-Hotel gegenüber hatte geschlossen. So habe ich den Rest der halben Nacht - unter den Argusaugen von patrollierenden -genauso frierenden- "Le Flic" vor dem Bahnhofs-Portal zugebracht. Mit ca. 35 Minuten Verspätung kam der EUROLINER, dem die Polizei bei einer Kontrolle 3 Passagiere mitgenommen und der dadurch Verspätung hatte.
Dijon, Lyon im Licht des beginnenden neuen, trüben Tages war dann das 1. Umsteige-Ziel. Dann, der EURO-BUS nach Montpellier - Béziers und, kurz hinter Lyon die PORTE DE SOLEIL, das weite Tal der Rhône, die in warmen Farbtönen, den "Couleurs du Midi", sich verändernde sonnenüberflutete Landschaft der beginnenden PROVENCE. Weiter, dann zwar hundemüde aber heiter, ging die schnelle Fahrt in's Languedoc, ins HERAULT. Nach Mantélima(?) waren es nur noch ein paar Stunden bis gegen 15:00 Uhr ich von Mdme. Iris am SNCF, in Béziers Centre, abgeholt wurde. Die überaus beeindruckende "Fahrt in die Berge" war im Anschluß einer doch strapaziösen Nachtreise "berauschend", auf ganz besondere Art und Weise.

Auf eimal wurde alles irgendwie... "leiser". Die Berge kamen näher. Groß, massiv und weiß-graue schroffe Zinnen und Spitzen der Cevenne. Mäanderne Flüsse waren in tiefen Schluchten "Wegbegleiter". Dazwischen an sanfteren Buchten Weinfelder und in den Ebenen weite Flächen an Rebkulturen.
Dies war meine Anreise, vorbei an grünen Eichenwäldern und "buntlaubigen" Kastanien, den Marones. Und die Welt wurde wieder "leise". Nach dem ständigen CD-Geplärre von den sich abwechselnden tschechischen Fahrern und den sich hinter mir scheint's "ewig" streitenden, extrem lauten "Russen". Der Schweißgeruch von vielen Fahrgästen strömte aus den Polstern. Die "Toiletten" an den Stopps -so alle 2/3 Stunden- traute ich mich nitt zu benutzen. Die "Versorgung" mit Getränken war mit Cola und Bier -nitt für mich- gut. Ansonsten ging's über in "kalte" Schwabbel-Sandwiches.
Ich verpflegte mich mit meinem Wasser und Apfel/Apfelsine. Mein Einkauf im Bon Marchée in Nancy war meine "Rettung" auf der 13 (!) Std. dauernden "bequemen und komfortablen" Busreise -einem "Abstecher zum Weingut Lisson- im Languedoc.

Für mich war's nun "Halbzeit", Zeit mir zu überlegen, ob ich's wagen sollte, "weiterzugehen". In Nancy habe ich mich -genauer im leichten Schneetreiben im Tag davor- entschieden, zwar nicht weiterzugehen, aber mich in Lisson >umzusehen<. Zu sehen, wer die Menschen sind, die mir zu Peter Heuschen's Geburtstag in der Nacht vor meiner Pilgerschaft, solch beeindruckende Rotweine präsentieren -bzw. vom Peter hingestellt- konnten!
Mich trieb also die pure NeuGIER nach hier, weit vom so eigentlichen >Pilgerweg< in Frankreich ab. Gut, datt datt geklappt hat. Denn so lange habe ich selten in den sonnigen Tag geschlafen. Muskel- und Fußschmerzen taten mich auch nitt grad "herzen" und die ehedem düstere Aussicht in Nancy wandelte sich hier in Olargues bei Lisson in die Einsicht einer sinnvollen Umkehr mit baldiger Chance zur Wiederkehr: Evtl. nächstes Jahr im Frühling 2005 für so 1 1/2 - 2 Monate auf dem dann bestimmt wieder nicht "direkten" Weg nach Santiago.

Wie ich ja schon mal schrieb: Pilgern geht wie im "richtigen" Leben. Manchesmal daneben, oft an Stellen länger bleibt man(n) -wie- gerne "kleben". Vor allen Dingen dort, an jenem Ort, wo sich's lässt "einen heben", auf's harte Los des -tatsächlich- "einsamen" Pilger's Mann, der ohne Genuß nitt so weit pilgern kann. Manna und Ambrosia und ein Vergelts Gott: "HALLELUUUJAH sag i"!
Bis Nancy hab ich's doch schon, mitten in kalter Nacht, geschafft. Wieviel an km mögen dies wohl gewesen sein? 100, 200, 300? Ich brauch's nitt zu wissen, denn ich bin ja noch nitt "angekommen". Wie sagte mal Meister Li aus China: Weinnase ist nicht Ying, nicht Yang: Mitten so dazwischen: Noch Nicht Angekommen ==> on the road again!

Und solange ich noch nicht "angekommen" bin, lebe ich doch. Und -noch- recht veritabel, wie nitt nur ich's so meine! Oder?

Für meine "Unken-Halunken" ;-)) unter den Weinfreunden -allen voran NICKY IGEL =Reblaus Dominik Ziller = gilt meine freundliche Aufforderung: NACHMACHEN!
Und nitt so über die olle Weinnase lästern. Es ist leicht, auf Staatskosten durch die Neue Europa-Welt zu düsen. Probleme von balkanesischer Schwere und Bedeutung versuchen zu lösen. Zu hetzen und in Flugzeugen zu dösen. Dazwischen von einer, mal gelegentlich zweien Degu's etwas Genußvolles "mitzunehmen"; Datt heißt also >so< EUER LEBEN!

Na, dann werd' ich gleich zu Mittag auf Lisson mal einen auf Euch, meine lieben Weinfreunde heben. Auf, datt sich Euer Leben >so< verhält, wie's Euch gefällt. Und verdient dabei mal "schön" >viel< Geld!
Ihr wisst ja, watt ich -'ne olle Weinnase- davon i.d.R. so hält! Jeder scheucht sich selber so oft und lange, bis er auf die seinige Nase fällt. Bei mir war's zweimal so. Dann wusste ich: So wirst du nitt froh und heiter. Mach bloß nitt so "blöde" weiter!
Bin ich auch auf dem Weg zum Greise, von den Weinen hier behaupte ich, sie sind die "Jungbrunnen" für olle Weinnasen wir mich. Gerne hätte iuch Euch mehr über diese Weine und ihre Aromen, Besonderheiten und... "Wärme" erzählt. Aber... habt ihr denn nitt eine eigene Meinung? Muß Euch denn alles vorgeschmeckt und/oder ihr zu Eurem Glück geführt werden?
Probiert's doch selber mal aus, genießt, wie ich, mal die Freiheit, Euch auch auf so Unbekanntes einzulassen.

Eure olle Weinnase,
als Pilger bleibend, aber
on the road again: Richtung >Graue Welt< und "Heimat in Eis und Kälte"!


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