12.11.2004
Zwischenbericht einer pilgernden Weinnase!
Bereits hinter LYON, der großen Metropole Frankreichs auf dem Weg zum Süden, veränderten sich langsam aber stetig die Farben um nicht herum. Vom tristen "grau" und dem schwarz-braun entlaubter Bäume bis zum mit dunkelnden -drohenden- Wolken am Himmel. Selbst die grauen Steinfassaden der prächtigen Häuser bekamen eine andere Farbe: Le Couleurs du Midi!
Das sind die Farben hier im Süden Frankreichs, die mich haben -unter strahlender Sonne- aufmerksam werden assen.
Wo ich noch vor 1 1/2 Monaten am Rhein und Nahe den "Goldenen Oktober" erlebte, die in gelb, hellgrün -meist aber "golden" schimmerndes Weinlaub- prächtig wirkend sah. Mit dem Laub zu Füßen meiens weiten Pilgerweges, wie ein kleiner Schuljunge aus seinem herbstlichen Schulweg "spielte" und mich an den "goldenen" Farben, mit sanften, hellen Rottönen unserer Wälder erfreute, so "wunderte" ich mich über die hier im Midi (=Süden) anderen "wohltuenden" Farben, mit denen hier die Natur "Verschwendung" spielt.
"Wundern", weil bei uns St. Martin, Karnevalsanfang und Nikolaus-Feiern auf das Ende des Jahres -2004- hinzeigen, hier aber scheint's noch der Sommer sein wärmendes Farbenspiel noch nicht abgelegt hatte.
Die Weinberge waren jetzt, in der Ebene des Großen Flußes, sanfter, welliger bis hin zu weiten Feldern geworden. Nicht mehr lichtes hellgrün-gelb und Goldtöne färbten das Weinlaub, sondern sanfte -wärmende- Rot- bis hin zu kräftigen Mahagoni-Tönen waren die vorherrschenden Farben des Südens. Kastanien-braun, glänzend. Mahagoni-Rot, prangend, dazwischen grüne Einsprenkelungen, scharf abgezeichnet. Und dies alles vor einem strahlend blauen Himmel, wolkenlos.
Von der Sonne mit kräftiger Wärme umfangen, sind's die dort -im Midi- so prangenden Farben, die mich verblüffen. Die mich "gefangen" hielten in einer Art eines Glücksgefühls der Heiterkeit.
Selbst die Menschen hasteten nicht mehr so -vermummt- grußlos an mir vorbei. "Bon Journée" oder "Bon Jour", dies hörte ich nun sehr oft auf meiner Pilger-Tour.
Lebendiger, freundlicher und mir die Schwere der Pilger-Reise mindernde "Leichtigkeit des Seins" war nun mein Pilger-Begleiter. Sattes Grün der Bäume längs meines Weges. Helles, schroffes Gestein. Dazwischen überall Obstbäume -Kirschen zumeist- und Wein. Weinanbau in geschwungenen Tälern der mäanderen Flüsse mit stahl-blauem Waser, über Kaskaden schäumend.
In der Sonnen-Wärme dies alles "begreifend", keine "Funktions"-Jacke mehr als Kälteschutz: Träumend!
Hier, dies ist das Gebiet des Departement HÉRAULT. Zwischen Lyon im Norden, Marseille im Osten und Perpignan - Spanien- im Süd-Westen.
Küsten -Mittelmeer- Urlaubs-Region und STILLE, ungezähmte Natur an den Ausläufern der Cevennen, dem wohl ältesten Gebirge Europas. Hier, am Fuß des über 1.000 mtr. hohen, massiven CAROUX, an einem sog. Wildwasser-Fluß liegt mein für diesen Abschnitt meiner Pilgerreise nun vorläufiger "UMKEHRPUNKT" für 2004!
Hier ist die Nähe zu der charmanten alten Klein-Stadt BÉZIERS, wo noch das Spektakel des alten Okzitaniens gepflegt und gefeiert wird: LA FERIA EN AOUT oder der FESTA L'ÒC mit Weinen der Region, Flamenco-Tänzen (!) und... dem Blau des Meeres in unmittelbarer Nähe inmitten von einer prächtigen, feinen Sanddüne an der Mündung des Flusses ORB und Beginn des CANALE DU MIDI, einer berühmten Wasserstraße aus der Zeit des genialen Erfinders und Baumeisters GUSTAVE EIFFEL, der viel an Bautechnik zum Kanalbau beigetragen hat.
Unweit so "berühmt-berüchtigter" Bade-Mode-Yachtleute-"Orte" wie... La Grande Motte oder... bei Sete, Cap d'Agde etc! Eine einzige Demonstration von Roheit gegen seine Umwelt und einmalige Natur, am Saum des Mittelmeeres!
Montpellier, ein Centre auf der Reise nach Spanien-Italien-Mittelmeer ist knapp 60 km im Landesinneren entfernt, entwickelt einen ganz besonderen Charme an Rhythmus des Lebens im Süden. Sogar ein... "Nachtleben" ist hier -wer's sucht- zu finden.
Also von Béziers grade hoch ins Hinterland ca. 40 km und von Montpellier, dem Verkehrsknotenpunkt von Eisenbahn (TGV) und Flughafen, so ca. 65 km nach "links" =Süd-Westen, mal das geistige Lineal, vom Meer aus gesehen, angelegt, und ihr findet einen kl. Ort > OLARGUES < !
Mehr ein landestypisches Dorf. Heller Kalkstein ist i.d.R. das Baumaterial für die uralten Gebäude (ab ca. 16. Jahrhundert) - oft "wiederbelebt" von "Dauer-Touristen" aus dem Norden. Aus Deutschland, Schweiz und auch England.
Im Hintergrund die pitoreske Formation der Cevennen -Cardoux-, die auch von Schnee bedeckt sein können, und eingebettet in eine formative, grüne Natur mit einem -jetzt noch- kleinen, mäandernden Fluss mit Stromschnellen und Kiesbetten. Weinanbau in geringem Ausmaße lässt sich sehen: Hügelaufwärts - in den Talebenen!
Von diesem malerischen Ort führt dann die Straße -Beton/Schotterdecke- in's so versteckte Tal von > ">LISSON <. Aber davon "rede" ich später schon bestimmt genug!
In der Sonne des späten, strahlenden 12. November 2004 begann ich "HIER" zu verstehen, warum die Winzerin von Lisson -IRIS RUTZ-RUDEL- nicht so schnell den so schwierigen Teil des Lebens hier aufgegeben und sich, >nach dem schweren Schicksal-Schlag, dem Unfalltod ihres Mannes Claude Rudel, einem von "Hier"< ergeben und das für unsere "Winzerverhältnisse" sehr schwere Leben aufgegeben hat!
Die "Couleurs du Midi" müssen auch sie "gefangen gehalten" haben.
Roden von -völlig, seit mehr als 50, 60 oder 70 Jahren verwilderter- "waldbesetzten Hügel; freilegung von Terrassen-Strukturen; Kampf mit einer unbändigen Natur; mit Ohnmacht und schaffender Kraft des Wassers und der Aufbau - aus eigner Kraft, mit eigenen Händen eines imponierenden ur-alten Gehöftes aus Steinen der Gegend. Alles, wirklich alles mussten die Neu-Winzer sich unter den "Couleurs du Midi" schaffen, lernen, aufbauen, viele existenzbedrohende Fehlschläge überwinden und mit einer -für uns "Westler"- unfassbaren -"Wilden Natur- so fertig werden.
Und so wie dieses Leben, diese Menschen etwas errungen haben, so sind auch die Weine "von Hier": Lange, 5, 6, oder gar 8, 9, Jahre bis zu einer perfekten Reife: Erahnen lassend, welche Wildheit sich in den Flaschen, zum wohligwärmenden Genuß, hat einfangen lassen.
Also nix für die Umschlagshäufigkeitsgläubigen Wein-Fachhändler. Nix für die z.Zt. gängige Unsitte, Weine viel zu früh trinkender... "Wein-Liebhaber"; ohne die Geduld eines erfahrenen "Genuß-Sammlers"!
Weine, die verstanden und lange gelagert werden müssen, um die auch in ihnen eingefangene Kraft der Couleurs du Midi genußvoll "erwartet"... freizugeben.
Ein Teil des Lebens der Menschen aus Lisson - die "Farbe" ihres Seins ist so perfekt in den kräftigen, "Wilden Weinen", echt traditioneller Handarbeit (kein Marketing-Modewort!) eingebunden. Klar, Iris -die tatkräftige Winzerin- hat's nun geschafft, nach über 10 Jahren an steter Knochenschinderei, eine kl. Weinkollektion aus den "Couleurs du Midi" den überraschten Weinkennern in Paris, der Düsseldorfer PROWEIN etc., selbst im alt-ehrwürdigen Senat von Frankreich (mit einem Weinkeller von ungeheuren Schätzen der Grande Nation) in Paris vor ein paar Jahren vorzustellen, nur... einen >totalen Durchbruch< haben die Menschen von Lisson nicht erreicht. Nicht erreichen können -oder evtl. auch gar nitt >so< wollen?
Sie leben nitt -mit kupferbeschlagenen Weinkeller-Türe, EDV-gestützen Tankmanagement und Daimler-4-Wheel-drive in der Garage- für den Erfolg des Augenblicks, sondern... im selbstgeschaffenen Einklang mit den "Couleurs du Midi": Und so habe ich ihre famosen roten "Cevennen-Weine" auch für mich bezeichnet: COULEURS DU MIDI (über die in Kürze mehr zu lesen/finden ist).
Aus Lisson bei Olargues im Hérault: Weine über die man -wenn man ihre altertümliche "wilde" Sprache Okzitaniens versteht >Languedoc< und die "Farben des Südens" zu erkennen vermag, die Geduld der Menschen am Fuße der Cevennen -inmitten "wilder" Natur-begreifen kann, Zeit für die unüblichen Lager/Reife-Bedingungen ("Gut Ding will Weile haben" > erst dann kann's mich laben) aufbringt, dann, ja dann... werden die COULEURS DU MIDI auch für Euch sichtbar: Wohltuende wärmende Sonne in Flaschen, der Duft der Wälder und wilder Kräuter, Kastanien, der Erde aus Kalk, Schiefer, Gestein, aus der Tiefe der Urzeit unserer Welt; alles dies und noch mehr machen für mich diese flaschenverhüllten "Farben des Südens" aus.
Und ein Graus erfüllt mich, wenn die geschätzten "Wein-Fach-Schreiber-Kenner", die scheint's berufsbedingte Blindheit der ewigen Sache nach Neuem "von Heute" für modisch bewusste Leute, diesen Weinen nicht die notwendige Würdigung geben können. Es fehlt ihnen schlicht die "Richtige Zeit"! Und so empfehle ich diese Klasse-Weine nicht sehr gerne: Nicht denen, die mit der Blindheit unserer schnellebigen Zeit -leider- geschlagen sind. Sie werden leider niemals so die Couleurs du Midi zu sehen bekommen. Dafür Best-Stiling-/Best Buyes-/die Allerwertesten 100 für richtig viel Geld!
Na, wem's so gefällt... und wer dafür sein sauer verdientes Geld "verjubeln" möchte: Ich freue mich, dann bleibt für Suchende, für Weinnasen wie mich noch genug an dringen benötigten Farben in dieser so grauen -scheint's immer trister werdenden Welt- für Leute mit viel Geld und denen ein solches Leben >so< gefällt!
Eure olle Weinnase,
die Farbenlehre des Geheimrates J.v.G. verstehender und nun im Midi, in Lisson, sich ausruhender Pilger aus einer zu oft so... "farblosen", hektisch-lauten Welt.
Z.Zt. nitt on the road again!
NS: Drei Nächte Pause müssen jetzt sein!
Und bei dem Wein... nach geht Euch's Licht an?
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