Weinnasen Pilgerreise 2004

Wendepunkt!

- aufgeschoben ist nicht aufgehoben -


12.11.2004

Zwischenbericht einer Weinnase auf Pilgerschaft.

Geschafft! Bis hierhin und ich selber: Geschafft und erleichtert.
Hier, im Land der Roten Weine, der sehr üppigen Mahle, des Jasmin's und Lavendel, des Knoblauch und Oliven (-Öl). Hier ist es, das Land, von dem wir "im Norden" träumen.
Weite Räume, größtenteils unberührte, abwechslungsreiche Natur und... eine etwas andere Kultur. Mit Mißverständnissen, Ruhe und Freundlichkeit, mit Sprachschwierigkeiten und von einfacher, herzlicher Gastlichkeit. Das Land der großen, ur-alten steinernen Bauernhäuser >Mas< genannt, von der "ewigen Sonne" in eine Farbe von honighell und hellgrau mit dunklem Holz, "gefärbt" und ausgeblichen von den Winden und schweren Unwettern aus den Bergen.

Das ist also >DAS< Languedoc, mit saftigem Rindfleisch en croute, handverlesener traditioneller Käse, kaltgepresstem Olivenöl, Wildschwein- und Lammkeulen, Digestifs von ungeheurem Fruchtaroma, der Maronen und Patrone, die ein 3-4 Gang Menue noch für 21/24 Euro auf der kleinen, handgeschriebenen Karte haben. Wo mit einem fröhlichen "Bon Appetit" ein gefälliges Laben und Gelage beginnt.
Man(n) hat, wie ich nun auf Ende November (2004) zugehend, Mühe die strahlende Sonne und den blitz-blauen -wolkenfreien- Himmel mit den Widrigkeiten aus dem Norden -der Heimat- in Einklang zu bringen.

Touristen und die Inhaber der aufpolierten alten Gemäuer -Besitzer über die lange Sommerzeit- haben sich schon vor ca. 2 Wochen in ihre naßkalten Heimatländer-/Orte "verzogen". Das Land hat nun wieder Zeit, sich und die Seinigen, die Einwohner des Languedoc zu finden. Wiederzufinden, noch bevor die MISTRAL-Winde um die meterdicken Gesteinsmauern streichen und hier totale Ruhe einkehrt. Wenn wieder ein Wetter herrscht, das "dem Esel die Ohren wegbläst", sagen hier die Bauern.
Zypressen, Rosmarin-Hecken und Orangenbäume mit noch nicht ganz "roten"/reifen Früchten (Erntezeit soll um Weihnachten sein!), und ein "Wildes Leben", hier im National-Park an den Cevennen, das die Bausünden der Küstenregionen abgewehrt hat, haben mit den Kastanien- und Kiefernbäumen einen Trutz-Pakt geschlossen. Besiegelt von den hellen, schroffen Felsen mit tiefen Schluchten in denen das Wasser gurgelt und über Kaskaden und Fälle rauscht. Der Ausblick -an Tagen, so wie dieser- von dem über 1.000 mtr. hohem Massiv -Bergspitzen noch höher- über 20, 30, 40 km und man bis zum Mittelmeer -frei- sehen kann.
5, 6, oder 8 Stunden, manchmal tagelang kann man(n) hier durch eine "pralle" Natur wandern/pilgern, ohne einen Menschen zu treffen: Wenn man's so will!

Wenn sie überhaupt noch geöffnet sind, sind sie's evtl. in den paar Morgenstunden bis zum 12:00 Uhr-Läuten. Auf jeden Fall ist von 12:00 - 16:00 Uhr die heilige Zeit. Nix hat auf. Und ich Hunger. Das in der Nähe gelegene Restaurant an der pitoresken "römischen" Brücke hätte lt. Schiefertafel geöffnet haben müssen, von 12:00 - 16:00 Uhr.
War's aber nitt, obwoihl in der wärmenden Sonne karierte Tischdeken die paar Terrassentische, leich im Wind flatternd, zierten. Und so'n Cerf (Wild-Rehgulasch) mit einem "wärmenden" Rotwein de Pays, der hätte gerade am Ende meiner "Ortserkundigung" von ca. 2 1/2 Std. meine Belohnung sein sollen.
Statt dessen gab's klassische Musik aus dem Radio, starken frz. -leicht bitteren- Café und der Rest meiner "Tippel-Notration" an Zartbitter-Schokolade und einen Apfel sowie ümmelige Apfelsine vom "Bon Marchée"-Einkaufs-Tempel in Nancy.

Sehr zur Freude meiner Wf. Barbara -DIE ECHTE- Becker habe ich angefangen, wieder etwas, was mir so auf- und einfiel und gefiel, aufzuschreiben. Das nächste DIN-A-5-Kuvert voller Eindrücke auf Papier gebracht zum Briefkasten gebracht und... mich noch mal in's große, weiche und gemütliche Bett in dem knuffeligen Steinhaus am Rande des Dörf'chen's zur Wasser-Melodie des nahen, rauschenden Flusses - hingelegt.
Überlegt, wie und ob man(n) hier -trotz der Sprachprobleme mit dem gurgelnden >potois<, der hieseigen Umgangssprache, "klarkommen" könnte. Ärzte gibt's, und 'ne Apotheke. 2 Bäcker, 2 Metzger und... alle waren geschlossen!

Wenn VIN zu >wangh< und domain zu... >dämangh< wird, hat man's gepackt, das hiesige Französisch. Wenn man(n) mit einem Lächeln im Gesicht durch holprige, uralte Gassen -vorbei an allen geschlossenen Geschäften und Kneipen =Bisto's (2!) und einem für Wanderer ausgezeichneten "Wassermädchen"-Restaurant mit Teestube- also... LÄCHELND weiterzieht, dann kann man(n) hier "leben und sterben": Ohne Essen und Medikamente muß ich's sowieso bald! ;-)) !!

Planvolle Regelmäßigkeit der kleinen Rebanlagen, der Duft von Holzfeuern, die Sonne, das wie ein Vogelnest am Hang "klebende" Dörf'chen aus grau-weißem Stein, und die Gewissheit -BALD- kommt die Winzerin um nach dem "Schicksal" des Pilgers" zu sehen, lassen mich hoffnungsfroh in's gemachte Bett -ruhend- verschwinden.
Halb im Dämmer schon, im Traume fragte ich mich, was das gestern zu typischem rheinischem Riefkoche für Rotweine aus eigenem Anbau gewesen waren -der Ausrutscher mit dem "flachen" Elsässer-Riesling "Grand Vin" von der Lage... Pfirsichberg in Soundso, den hab' ich eh' weggetan.
Aber der 2. Rotwein - saftig, reif und mit einer Note von "Nochmal", den möchte ich heute ungeniert austrinken. Gestern war ich dafür -simpel als Pilger- zu müde und bereits berauscht von dem Land, dem Ort und dem Valle Hiddeux, dem versteckten Tal am Ende der Welt!
Wo's doch nitt >zu Ende< sondern einen "ruppigen" Weg an einem Flüss'chen zum in Renovierung befindlichen Weingut hingeht. Dort, wo sich die Welt der Hektik und des launischen Luxus verabschiedet hat. Wo neben Plumps-Klo und Wald, Baugerät und zwei eigenwilligen Katzen der Wein aus einer "anderen Welt" hergestellt =vinifiziert wird.
Holzfeuer-Brunnen-Romantik? Nein, nein: Seit Jahren gelebte Aufbauarbeit am Wingert und ur-alten Bauernhaus. Kein Feriendomizil mit Wein im Überfluss, sondern harte Arbeit und oft manchen Verdruß prägten sich mir aus dem gestrigen Gesprächen meiner so unkonventionellen wie gastfreien Gastgeber/Winzer -neben ihrem Wein- ein. Nur, die Namen der beiden "Roten Wilden", die hab' ich wegen übermäßiger Pilger-Müdigkeit, schlicht vergessen. Genauso, wie heute Morgen -wie gewohnt früh gegen 6:00 Uhr- aufzustehen und um 8:00 Uhr als Pilger "loszugehen".

Heute weckte mich gegen 10:15 Uhr die... Sonne. Ja, ja, kein Traum, sondern die reale Sonne über'm kl. Fluß in meinem Emporen-Schlafgemach hat mich geweckt. Kein Hahn (wie auf den Azoren (siehe www.weinnase.de/azoren/weinnase-137.htm), kein Auto, keine Bauarbeiten, keine "Herbergs-Nachbarn", nur simple PRALLE SONNE, traumhaftes Wetter!
Klar hab' ich's genossen heiß zu duschen, heißen frz. Kaffee in Ruhe, mit klassischer Musik aus dem Radio zu hören, in dem ummauerten "verwilderten" Garten zu lauern, auf den Uhrschlag dann das 11:00 Uhr Läuten erschreckt zum "überstürzten" Aufbruch in's Dorf feststellend.
Erstmal hab ich mich in den engen, wirren Gassen - verlaufen! Dann konnte ich nix mehr kaufen - ist irgendwie... ein bißchen "schiefgelaufen".
Aber ein herrlicher Anfang eines Ruhe- und Lesetages!

Ja, so war es bis ca. 15:30 Uhr hier bei mir im Ort am Hang, im Bereich des Weines aus dem Languedoc und seiner wilden Umgebung. Am Fuße der Cevennen!
Da tat ich einfach - mal verpennen!!!

Eure olle Weinnase,
Heute die Pilgermuschel für 2, 3 Tage beiseite gelegt, die schweren Wanderstiefel abgelegt, und sich am "frühen" Nachmittag wieder >faul< hingelegt! Und ob datt >so< geht! Muß doch nitt jeden Tag für mich so heißen:
on the road again!
Oh NEIN, oh nein! Nitt ohne einen von diesen Weinen!


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