17.11.2004
Zwischenbericht einer Pilger-Weinnase!
NANCY war -in eiskalter Nacht- vor ein paar Tagen, der wohl für diesen Teil der Pilgerreise mein "Entschlußpunkt", meine Überlegung, hier ist keine realistische Chance, den Weg nach Santiago de Compostela über die Pyreänen in diesem Jahr fortzusetzen!
Von hier ging's dann einen "Umweg zum Wende der Welt", nach LISSON, in den Ausläufern der Cevennen bei Olargues im Naturpark von Herault.
"Das Ende der Welt" nennen scherzhaft die Dorfbewohner von Olargues das Tal, in dem der ur-alte steinerne Bauernhof von Claude und Iris vor langen Jahren in steter Eigenarbeit sich von einer totalen Ruine -langsam in ein "bäuerliches", kleines Weingut des Languedoc wandelte.
Hier liegen, in Hausnähe, auch die steilen, neu angelegten Rebflächen, die seit ca. 10 Jahren den sog. "Wilden Wein" von Lisson der staunenden Wein-Fach-Welt, mit >nur< ca. 15/20 hl/ha an "Ertrag" zum Genuß stellt. 1.500 - 1.80 Flaschen an jährlichem Lohn für diese Schwerstarbeit "genügen" den nun bekannten Winzern von Lisson.
Es muß eine unmenschliche Arbeit gewesen sein, die bereits vor ca. 60, 80 Jahren aufgegebenen Wingerte zu roden, neu zu besetzten, und sich im Gehöft einen Weinkeller (Barrique) mit auf Handarbeit basierender Arbeitsweise in der Vinifizierung und "Produktion" aufzubauen!
Nichts spektakuläres, nichts "Philosophies", nichts von der sonst oft zu bemerkenden Überheblichkeit von Winemakern ist den Winzern zu eigen. Sehr bescheiden, kompetent und klar strukturierte Qualitätsverpflichung: Das ist Lisson!
Wie aber sind denn >so< nun die sog. "Wilden Weine"? In Turin im Okt. 2004 bei SLOW FOOD waren sie gerne gesehene Vertreter i.S. Wein, die die Idee von Slow Food perfekt wiedergeben.
Für mich sind's Rebsorten, die -weg von den hier üblichen Massenträgern- hier den sich auf kleinsten Raum ändernden Bodenverhältnissen gekonnt anpassen können. Mit dem rötlich-braunen Schieferböden, den verwitterten Schiefersenken, Lehm und Kalkstein, unterschiedlich dicke Humusschichten, Süd(-West)hanglagen, Rand-Waldlagen, Trocken-Zonen (die bei bestimmten Zeiten stark Niederschlag führen). Die Winde der Cevennen um den Mont Caroux (Mistral!) und DIE SONNE prägen wesentlich den Wein, der für mich die "Sprache des alten Landes Okzitanien spricht": LANGUEDOC! Dies ist sein Wein, der hier "Wilder Wein" genannt wird.
Extraktreiche, ohne Plumpheit, "warme", ohne eine Filigranität zu vermissen, dunkle tiefrote Weine von tatsächlich außergewöhnlicher langer Reifezei; i.d.R. so ca. 4/5 Jahre nach 18 Monaten im Barrique, bringen fein strukturierte "lebendige" Tannini auf die Zunge. Keine "Bauholz-Orige" oder Kaffeehaus-Röstaromen verkleistern mit den fruchtig-würzig und kräutrig an der Nase schmeichelnden "Wilden Wein".
Kein Wunder, datt die Dachse und Wildschweine hier sich bei Zeiten zum "Gourmet-Festival" aus den dichten Grüneichen- und Kastanienwäldern der Umgebung gerne einfinden. Eine für die Winzer von Lisson so teure wie existenzschädliche wilde Gesellschaft, die bis zu 20 % der reifen -wenigen- Trauben "vernascht". Oft un nur 1, 2, 3 Nächten ist der Wildschaden so groß!
Vom Rebspiegel (der hier alsbald folgt...)
So, obwohl mich meine Erkrankung und bedrohliche Diarröh so stark beutelte und vom Genuß der Hausmacher-Küche der Menschen von Lisson und ihren -reifen- Weinen so fast gänzlich fernhielt, hab' ich mir -mit "durchschlagenden" Folgen- es nitt nehmen lassen, wenigstens -etwas- zu "naschen"! Pipettierte Mengen Wein, Fingerhüte als Teller!
Nach meiner fiebrigen Bronchitis, die mich für lange Tage am Rhein "festgehalten" hat und der überwältigen ärztlichen Medikamentation wollte mein Magen/Darm nie mehr zur Ruhe kommen. Dies machte mich u.a. auch so "schlapp", daß das mich zu immer öfteren und längeren "Schlumpfzeiten" und um meine "kalkulierten" Reservezeiten brachte. So ca. +8 Tage Fieber schlauchen auch. Und nun der Ärger mit meinem blöden "Bauch", der mit meine Geduld und die Reserve-Wäsche klostete, incl. einem exorbitanten Verbrauch an Toillettenpapier.
So, und deswegen bin ich im (Morgen-)Grauen der GRAUEN "schon wieder hier" ("O-Ton" meiner überraschten Ehefrau) im Land der "Grauen Jahreszeit": Der Winter und beginnenden ADVENTSZEIT 2004.
Aber bloß mit dem "Gelübde"! Ich komme zurück und gehe in der "heiteren Frühlingszeit", von Frankreich aus, weiter. Weiter in Richtung SANTIAGO DE COMPOSTELA auf dem französischen Pilgerweg, dem historischen CAMINO FRANCÉS in Spanien! (siehe Bild 1)
Die "Befähigung", die Wander-Mindesleistung von 100 km Fußweg als Pilger auf dem Weg nach Santiago habe ich -unter arg schweren, nicht voraussehbaren Krankheiten und damit verbundennen >Belastungen< mit einer Wegstrecke von DÜSSELDORF, KÖLN - NANCY, OLARGUES bei Béziers (siehe Bild 2) wohl erbracht (obwohl ich bis heut' nitt genau weiß, wieviele km dann denn gewesen sind ??).
Na, watt meint Ihr denn: Mehr als die 100/200 km für die "Leistungsauszeichnung", die >Compostela< in Santiago zu erhalten, sind's doch schon? Oder?
Na, da bin ich denn aber froh, dann SIND mir ja alle Sünden bereits erlassen. Muß es mir nur noch >als ordentlicher deutscher Pilger< auf "kirchlichem Papier" in Santiago >LA COMPOSTELA< ausfertigen lassen!
Schließlich war/bin ich ein >Christlicher Pilger< -Peregrino-, der lebensfroh sich fast 2 Monate für den ersten Teilbereich -wenig genug- genommen hat: Umwege nach Santiago de Compostela zu finden und auf/bei diesen so als olle Weinnase zu genießen und Freundschaften mit dem/den Guten zu schliessen:
So wie mit den besonderen Menschen von Lisson und ihren "Wilden Weinen", aus dem "Vergessenen Tal" bei Olargues, der Welt hinter der "lauten Welt", die mir besonders >gut< gefällt!
Grund genug, erstmal hier demnächst eine kleine "Spät-Heimkehrer"-Feier mit einem "Dankeschön" am Rhein zu feiern!
Wie, wann und ob's denn auf dem v.g. historischen Pilgerweg in 2005 für und mit mir weitergeht, datt erfahrt ihr noch rechtzeitig über's "Trömmel'chen", datt die olle Weinnase noch laut zu schlagen weiß. Evtl. bleib' ich dann aber -so unüblich bei mir- ganz leis'! Sach dann nitt viel vom "Weg und Hin", nur ganz leis': Ade!
So, wie ich mich nun mit den "Zwischenberichten", als pilgernde Weinnase, verabschieden werde, Euch eine besinnlichere Vor-Weihnachtszeit wünschend, für Euch die notwendig Zuversicht und Freude erbittend.
Für alle, die >GUTEN WILLENS< sind.
Eure olle Weinnase,
on the road again!
NS: Besonders gefreut hat's mich, datt mich einige von Euch -faulen Genießern- virtuell begleitet haben, noch mehr, datt "mir als Pilger" ab nächstem Jahr doch mehrere Wf. zu Fuß folgen werden, denen ich Mut dazu als Krüppel (*) geben konnte.
(*) für mich kein Schimpfwort oder diskriminierend/abwertend gemeint; bin selber Schwerstbehinderter im Sinne deutscher Gesetze. Dies "straft" genug.
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