Weinnase: Geschichten aus Tunesien 2007-2008

9. Brief aus Afrika: Mythossuche mit der Straßenbahn in Afrika!

02.01.2008

Bon Année, Barbara!

Hier, wo aus Geschichte Legende wurde und aus Legende Mythos mit dem Namen HANNIBAL, hier im Land der Punier, in Tunesien, da sind wir unter der Sonne Afrikas -im Maghreb-. Über 600 lange Jahre beherrschten die Punier von ihrer sagenumwobenen Stadt KARTHAGO ihr politisch und wirtschaftlich stabiles Handelsimperium, daß auch unter dem Namen PHÖNIZIEN bekannt war und der größte Rivale Rom's und der griechisch-spartanischen Vormacht im Mittelmeerraum. Auf das Jahr 814 vor Christi geht die Stadtgründung >Quart Hadascht< ("Neue Stadt") der seit dem 11. Jhdrt. v. Chr. sich stetig expandierenden Großmacht Phönizien zurück: KARTHAGO herrschte im (westlichen) Mittelmeehr-Raum über Zypern, Sardinien, Siedlungen in Spanien, Mallorca, Sizilien und ihr "Stammgebiet", bei TYROS, dem heutigen Libanon.
Phönizische Handels- und Kriegsschiffe gingen an unbekannten, fernen Küsten Afrikas vor Anker, trieben mit den Etruskern in Europas Süden Handel (in Italien) und stärkten den legendären Reichtum und unglaubliche Macht Karthagos. Macht, die auf die technische Überlegenheit der Seekriegsflotte und modernster (Eisen-/Stahl-) Waren sowie genialen strategischen Führungsqualitäten seiner Feldherren, wie Hanno und Hannibal, fußte. Bis im Jahr 146 v. Chr. Karthago durch den römischen Feldherrn, nach den 3 berühmten Punischen Kriegen, das phönizische Reich -Karthago als Stadt total- zerstört wurde und SCIPIO d.J. zum Vollstrecker Roms wurde, daß seine Schmach aus der verlorenen Schlacht gegen Hanibal, 216 v. Chr. bei Cannae (Italien), damit blutig rächte.

Den Namen des charismatischen Feldherrn, mit seinen Kriegselephanten, einer ehrfurchterregenden "Kriegswaffe" aus Afrika, dem kriegsentscheidene, blieb bestehen in der Geschichte: seit seinem Freitod im (türkischen) Fluchtort am Bosporus >Ephesus< im Jahre 195 v. Chr., bis in die heutige Zeit!
Trotz aller -römischer- Bemühungen die Geschichtsschreibung zu fälschen um das Andenken an den genielen Strategen und Roms "Angst-Gegner" Hannibal und Karthago zu schmälern, ja zu vernichten. Es gelang den römischen Schreibern, Adeligen und Kaisern jedoch nicht. Der Ruhm und der Name Hannibal ist ein bständiger Mythos auf der Welt! Mag auch die einstige Großmacht Karthagos -die Stadt und Hafen bei Tunis- bis weit ins 19. Jhdrt. in Vergessenheit geraten sein. Erst ab 1972-92 liefen nennenswerte -auch deutsche- Ausgrabungen und Forschungen im Auftrag der UNESCO als Programm "Save Carthago" - an. Aber nur ein (kl.) Teil der punisch-römischen Besiedlungsreste wurden ausgegraben und im weltberühmten BARDO-Museum, dem ehem. "Museum Aladoui" seit 1888 >durch den türkischen Vasalen und tunesischen Herrscher, Mohammed Bey erbauten Palast (1855-59)< ausgestellt. Unschätzbare Kostbarkeiten und Kulturschätze der Menschheit.

Und diesen Palast in Tunis kann ich mit der Straßenbahn Nr. 4 erreichen. Nur... einen Tag als Besuchszeit für meine geplante >"Zeitreise"< in die uralte Vergangenheit, und eine der Wiegen unserer Kultur, wird mir nicht reichen, zumal der Palast nur von 9:30 - 16:00 Uhr geöffnet hat und mein bekannt-beträchtlicher "Wissensdurst" mit der Stundenzeit dem sehr realistischen Durst (und Hunger) weichen wird. Und um den -organisierten- Massenansturm der Bus-Besucher auszuweichen, muß mit leider nur die Nachtmittagszeit ausreichen; leider, leider!

Die Ausgrabungsstätte von Karthago, vor der Stadt Tunis - bis hin nach >SIDI BOU SAID<, der kleinen Hafenstadt am Mittelmeer des Golfes von Tunis "warten" auch noch auf mich, bevor ich mich auf "in die Wüste" machen werde. Zunächst werden mich die uralten, als grausam verschrieenen Gottheiten bei TOPHET >TANIT< und besonders der Gott >BAAL HAMMON< der Punier an ihren (Kinder-)Opferstätten erwarten (750 - 146 v. Chr.).
Hier hatte, der uralten Sage nach, die tyros'sche Prinzessein >DIDO< (auch Elissa) auf ihrer Flucht aus dem libanesischem Mutterland, von dem damaligen (berberischen?) König das Land für die Besiedlung gekauft und >BYRSA< war der legendäre Ausgangspunkt für Karthagos Beginn in der Urzeit (Byrsa = griech. für Haut!). Vergil schrieb darüber in seiner Dichtung "AENEIS".

Heute ist Carthage der noble Villen-Vorort von Tunis, wo auch der jetzige Staatspräsident seinen Wohnsitz am Meer hat. Hier ist also der Mythos "zu Hause", über den Bertolt Brecht anmerkte:
"Das große Carthago führte drei Kriege. Es war noch mächtiger nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten!"
Zu Recht schrieb Brecht dies 1951. Denn recht dürftig und etwas seltener sind rein karthagische Fundstücke und Ausgrabungensreste im Vergleich der überaus beeindruckenden Funde und Artefakte römischer Zeiten!

Dieser Tatsache ist wohl dem immerwährenden Anspruch der "Hetzkampagnen", der Reden des berühmten Staatsmannes und Senatsmitgliedes im Rom; CATO d.Ä.:
"Ceterum censeo Carthaginem esse delendam" = im Übrigen bin ich der Meinung, daß Karthago zerstört werden muß!
nach geschehen (146 vor Christi)! Und wie "erfolgreich", ist bis heute ja zu sehen!!

Was aber noch zu sehen ist, werde ich aufsuchen; und auf "Spurensuche" von Tunis, mit der Straßenbahn, "gehen". Mit Beginn des Neuen Jahres 2008!!!
Ein "Besuch" Karthago's stand bei mir, seit Schülerzeiten, auf meiner "Wunschliste". Fast 50 (!) Jahr. Und nun erfüllt sich dieser Wunsch zum Neuen Jahr 2008. Für was durfte ich als Schüler all' diese Geschichtsdaten und vielen Namen, Sprüche und Schlachtendramen lernen? Nun werde ichs >sehen und betreten<: Ein großes Stück >Weltkultur< wird dann wohl -bei meiner Phantasie- vor meinen Augen wieder "lebendig" werden!

Ich freu' mich schon riesig drauf!
CpS


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