04.01.2008
Hallo, liebe Barbara!
Was das Leben ausmacht? Alles zwischen zwei Jahreszahlen auf einem Grabstein!
Der Welt größten Strategen und Kriegsherren haben hier gelebt, gestritten, gesiegt oder wurden besiegt und starben. Hannibal, Cäsar, Belsazar u.v.a.m. waren hier in der Schar der Glorreichen und Eroberer.
Nichts sind sie aber gegen die "neuen Eroberer" am Bufett unseres Hotels, wenn um 19:00 Uhr täglich die Schlacht eröffnet wird und's gleiche Schauspiel sich so unergötzlich bietet. Gnadenlos wird der umgenietet, der sich am Salatstand ein grünes Häufchen hat ergattert. Und manch ein Gast guckt sehr verdattert, wenn er keine Hühnerbrust mehr auf seinen Teller ziehen konnte. Die rassieg Italienerin machte mich mit ihrem spitzen Absatz auf meinem Gicht-Zeh ganz hin und weg. Dem walisischen Golfer gönne ich 'ne Fischvergiftung, weils letzte Stücklein Schuppentier aus dem Golf von Hammamet -gar nicht nett- er mir vor der Nase wegzog. Rauf auf seinen Teller, der sich schon unter Lamm und Rinderleber bog, und mir Soßenflecken auf die beige Cordhose schwappen ließ.
So hält es hier im noblen Hause fast ein Jeder. Ohne viel Gezier, benimmt sich mancher wie ein wildes Tier. Rempelt, schubst und quetscht sich vor. Belädt seinen Teller überschwappend voll - ich empfind' bei diesem Schlachtengetümmel stets einen gewissen Groll. Und nicht nur gegenüber den Lümmeln hier, sondern auch gegen diese vollbusigen... "Damen", deren Fresslust hier fällt aus jedem Rahmen!
So oft ichs mir -uns- erlauben kann, mach ich einen Umweg um diesen "Schlachtensaal" und genieß ein einfaches Mahl. Und jedesmal in einem anderen, kleinen (und nicht mit 4 * ausgezeichneten) Lokal am Golf von Hammamet. Dort finde ich's sehr nett und preiswert sowie landestypisch frisch und schmackhaft. Und für uns das Beste ist, es wird freundlich und flink am Tisch s e r v i e r t , was wir ungeniert uns alles aus dem Meer, von der Weide, vom Feld oder Garten bestellten und bezahlen können.
Denn hier ist's sehr romantisch und ein angenehmes speisen an einem sorgfältig einedeckten Tisch und für uns leicht bezahlbarer Genuß, ohne den allabendlichen Bufett-Verdruß!
Und hier finden wirs sehr nett in Hammamet, unter der Sonne oder den Sternen von Afrika!! Und dies ist, was das Leben -auch- ausmacht und weder in Zahlen, Noten oder "Sternen" ausgedrückt werden kann, wenn der "gute Geschmack" zum Sieger gekürt werden kann; daß heißt dann >Lebensqualität<, um die es uns schließlich geht!
Tunis, eine afrikanische Stadt an den Schnittpunkten uralter Handels- und Karawanenstraßen im Maghreb. Seit über 1.300 Jahrhunderten soll ihre Gründung durch Hassan Ibn Nôoman zurückgehen. Die Legenden sprechen jedoch von einem Dorf, so alt wie die Menschheit selber - mehr ein Bauernmarkt mit einer Moschée wars wohl nicht gewesen. Nach den berühmten Feldherren, den grausamen Diktatoren, den besitzergreifenden Araberscheichs- und Berberfürsten, den abtrünnigen Deys und türkischen Beys ist die Stadt nicht "geformt" worden. Es waren die Händler- und Handwerkerdynastien mit ihren genialen Architekten, die Kunstfertigkeiten und verschiedenste Stile die Stadt so prägten, daß sie heute einem "Ameisenhaufen", einen extrem lebendigem Organismus mehr als einer geordneten Kapitale gleicht. Diese -Altstadt-, die >Medinalt; gilt als eine der schönsten und ursprünglichsten im Orient; die lebendigste im ges. Islam.
Durch diese verwinkelten Gassen, exrem engen Gässchen, ihren Plätzen und Souks (=Handwerker-Viertel) zu... "ziehen" -spazieren geht bei der lärmenden Enge nicht -, gleicht schon einem Abenteuer. Und wenn man dann auf die wunderschönen Moscheen und grandiosen Paläste trifft, Mausoleen und Koran-Schulen (Médersa) findet, dann hat dem aufgeschlossenen Besucher der Charme des Orients und die "bunte" vielfalt Afrikas "gefangen".
Wer einmal ohne -unbegründete- Furch oder Angst hiergewesen ist, wird dieses einmalige Erlebnis wohl nie -so wie wir- vergessen; den DAR EL BEY (Palast) der hussenistischen Herrscher aus dem Jahre 1795 oder die Youssef Dey Moschée, die architektonisch seit 1616 richtungsweisend wurde. Oder der Dar Othman (1594) oder die legendäre Ez-Zitouna-Moschée, die als einzige in Tunesien auch von uns "Ungläubigen" besucht werden darf. Ihr ursprüngliches Gründungsdatum geht auf die mythologische Stadtgründung zurück; sie wurde 856-863 von großen Emir Aghlabite Ibrahim Ibn Ahmed erneuert und stilsicher erweitert. Sie ist als islamische Lehrstätte für Rechts- und Religionsfragen weit über Tunesien im Orient und Afrika bekannt und ist noch heute eine sog. theologische Hochschule von Rang. Nicht zu übersehen und zu veressen, den Dar (=Palast) Hussein von Béni Khorassan aus dem 11. Jhdrt. n. Chr., der einstmals ein >KSAR< (=Burg)= war oder die tun. National-Bibliothek in der ehem. Kaserne El Attarine im Souk El Attarine (1814).
Von der ungeheuren Vielzahl der Händler und Handwerker mit uralten Traditionen der lebendigen Präsentation (z.Bsp. Filzhut-/Kappenmacher,) Sattler, Schmied, Instrumentenbauer, Schlosser, Schreiner und Krims-Krams-Läden sowie Bäckern, Metzgern, Kuchen-Süßwerk-Machern, Cafés und originellen wie originalen Lokalen mit landestyp. Gerichten und Spezialitäten, den Kräutern und Gewürzhändlern und... viele habe ich in der Aufzählung noch nicht erwähnt oder vergessen. Kein Wunder, denn diese einmalige "Welt" der Medina ist unüberschauber, vielfältig und schlicht umwerfend wie riesig als Arenal im Herzen der stark französisch geprägten, sie umgebenden "Neustadt" aus der Zeit ab 1850 bis zur leidigen Moderne!
Auf ihrer "unübersichtlichen" Ausdehnung von ca. 1.600 m Länge und ca. 800 m. Breite (vom Bab Bahr) wohnen und arbeiten unzählige Menschen seit "ewiger Zeit", in friedvoller Einigkeit und kaum glaublicher Enge!
Zu Recht gilt dieser "Platz" zu dem Welt-Kulturerbe der UNESCO und meinen Lieblingsplätzen in der Welt des Orients, in Nord-Afrika (Maghreb, dem "Westen"!). Und in dieser qulirigen "Welt der Enge und Verwinkelungen" fand ich mich auf Anhieb so wohl und kam ohne Plan und Nachfragen nach fast 5 1/2 Stunden aus dem Labyrinth der Gassen.
Kaum zu fassen!
CpS
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