06.01.2008
Hallo, liebe Barbara!
Von der Ebene LA MARSA aus, ließ Gustave Flaubert seinen berühmten Roman >"Salammbó"<, am Rande der großen Stadt Karthago, beginnen... "Es war in der Megara, der Vorstadt von Karthago, in den Gärten des Hamilhar..."
Heute ist dieses Gebiet u.a. ein begehrtes Villengebiet für die "Neureichen" der Weltstadt Tunis, die immer weiter (+ 2 Mio. Einw.!) wächst. Fast wäre ganz Karthago so in der Moderne überbaut woreden, wie es in der Antike, in Cäsars Zeit, weitflächig und mächtig, taten. Jahrhundertelang waren die punischen und römischen Ruinen der begehrtesten "Steinbruch" für den stürmischen Auf- und Ausbau von Tunis und anderen Städten, an Nord-Afrikas Küste des Mittelmeers!
Auch die früh-christlichen Basiliken in und um Karthago "bedienten" sich so reichlich bei ihren heidnischen Vorgängern. Und so geschah es seit ca. 3.000 Jahren, die "Umwandlungs-Prozesse" der verschiedenen Kulturen der Phönizier, Punier, Römer, Vandalen, Byzantiner, Moslem-Araber, Kreuzfahrer, Spanier, Türken und Franzosen als seinerzeitige koloniale "Schutzmacht". Bis in die heutige Zeit der Moderne ging dieses Treiben, so daß vom eigentlichen punischen Karthago so gut wie kaum etwas noch zu finden - oder besichtigen sowie ausgestellt (Museum BARDO) ist. Heute aber dank der Bauwut der "Investoren" des modernen Tunesiens und der weltweiten "Busineß-Geier" mit der ewigen Leier der "Profit-Songs" und gierigen-schmierigen (illegalen) Geld-Geschäfte rund um die Welt!
Noch bis Anfang des Jahres 1970 stand es um das "Kulturerbe" KARTHAGO sehr schlecht besellt. Denn mit -sehr viel- Geld ausgestattete "Baulöwen", aus der "Golf-Region" und Tunesiens "Upper Class", wollten hier, zwischen den schneeweißen Mittelmeerstränden bei >SIDI BOU SAID< und der mondänen Metropole Nord-Afrikas in großzügigen Wohn-Komplexen und schicken Villen "angemessen" wohnen, bzw. residieren. Und dieser Menschenschlag war so gierig genug, um mit großangelegtem Betrug den Tunesiern -der ganzen Welt- ihr kulturelles (Welt-)Erbe gegen ein paar schäbige Dinar abzuringen (=abzuschwatzen), um hier mit Profit zu agieren und den fragwürdigen "5*-Luxus" für einige "Ausgewählte" zu schaffen und ungeheure Gewinne zu raffen!
Nun ja, daß ich mit der TGM-Straßen-/Vorortbahn im 12-Min.-Takt durch Karthago für ein paar Euro-Cent gondele und mir gemächlich die Artefakte Roms und Karthagos ansehen kann, daß ist der Beharrlichkeit und "Streitbarkeit" einiger tunesischer "Weltbürger" zu verdanken. Denn sie wiesen diese "Ursupatoren" =Investoren in ihre Schranken und taten auch nicht bei Millionen-Bakshish in ihrer kulturellen Heimat-Treue wanken. Dabei halfen intern. Proteste und (Grabungen) Aktivitäten der UNESCO ebenso - bei denen deutsche Institute und Museen sehr engagiert und streitbar bereit waren, uns dieses "Erbe" zu bewahren. Und neuere Ausgrabungen/Forschungen zeigen und beweisen, wie wert- und sinnvoll dieser gewaltige Einsatz war und bleibt:
Viele der bisherigen geschichtlichen Erkenntnisse dieser Gegend beruhen auf römischen und/oder byzantinischen Aufzeichnungen. Die Berichterstattung der Phönizier ist eher "mager" und für dieses geschichtsträchtige Land, Volk und Kultur völlig unzureichendt. Erst grade abgeschlossene (Teil-) Ausgrabungen und neue archäologische Projekte, die grade anlaufen, bringen uns wertvolle Erkenntnisse und revidieren die bisherigen "Fehlinterpretationen" und bewussten, meist römischen "Gschichtsfälschungen" aus der Antike.
So ist auch der "Opfertod" von 6.000/8.000 gefunden Überresten von Kindern zu Ehren des "gefrässigen Gottes" >BAAL< so also nicht mehr haltbar. Ur-Christen haben auch bei dieser Geschichtsverfälschung ihren Teil dazu beigetragen, den Puniern und ihren Göttern Baal und Tanit als besonders grausame und "menschenfressende", gar Kinder verschlingende Götzen darzustellen.
Wissenschaftlich bewiesen gilt, die Zeit des Überganges vom PALÄO- zum NEOLITHIKUM, der sog. CAPSEN-Zeit als nachhaltige Vor- und Frühgeschichte der damalig dort schon siedelnden Menschen (8.000 - ca. 814 vor Christi!). Bis im 6. + 5. Jhdrt. vor Chr. das eigentliche, mächtige Reich der Karthager (=Punier) entstand. Was Wunder, das "ewiger" Streit um Handelswege und -spähren eine nach der anderen Streite und Kriege mit Griechen und >RÖMERN< folgten: 3 große Kriege, die in der Geschichte sehr bekannten >PUNISCHEN KRIEGE<; 1.ter von 264-241 v. Chr.; 2.ter von 218-201; 3.ter von 149-146 v. Chr., als Karthago völlig zerstört und von der "Weltkarte" der Reiche und Mächte (im Römischen Reich) verschwand und ab 29 v. Chr. die systematische Kolonialisierung durch Rom; in der Blütezeit des Kaisers Augustus hier das >AFRICA PROCONSULARIS< geschaffen wurde und im 2. Jahrhundert nach Christi, das Ur-Christentum seinen Verbreitungsaufschwung nahm (193 n. Chr., mit den kaiserlichen Familien der Severer) und sogar ab 380 n. Chr. >Staatsreligion< wurde!
Vom >BYRSA-Hügel<, der ehem. röm. Akropolis aus, an deren Fuße noch einige Reste eines punischen Wohnviertels auffindbar sind (2. - 3. Jhdrt. v. Chr.), hat man einen sehr weiten Rundumblick von den kaiserlichen Thermen des Antonius, der begeisternd ist und bis auf die andere Seite des Golfes von Tunis -übers strahlend blaue Mittelmeer- reicht!
Ebenso, wie der Blick im "Postkarten"-Klischee von der ehem. römischen MAISON DE LA VOLIÈRE über die Bucht, auf den Djebel Bou Kormine (*1)!
Über die TGM-Bahnstrecke, und im 12 Min,-Takt, kann man diese historische Stätten -via 6 Haltestellen- fußläufig und preiswert erreichen. Nur... in einem Tag vermochte ich dies nicht zu schaffen! Karthago und Umgebung haben hier mehr am Aufmerksamkeit von mir erwarten können. Die Zeit dazu hab' ich mir gönnen können. Dafür habe ich mir die -teure und wenig schöne- Hotelübernachtung im Hotel (3 *; 70 TD im DZ p. Pers.) "AMILLAR" erspart, und habe "nebenbei" Tunis, von Hammamet aus, mehrfach per Bus und Bahn bereist (1 Tour für 14 TD, für 2 Pers., H+R!). Direkt am Meer, mit schöner Terrasse, neben dem archäolog. Platz "Quartier Magon (*2)" kann ichs gehobene (Preis-)Niveau des Restaurants mit passenem Namen >"NEPTUNE"< auf der Rue Ibn Chabbat 3, von der sog. "Hauptstr.", der "Av. Habib Bourguiba" abgehend (Tel. 71/731 456; besser reservieren!) empfehlen.
Besonders die tunesischen Weine und fangfrischen Fische sind superbe Erlebnisse. Preiswerter und mehr Angebot gibts etwas weiter i.R. des Hafenviertels (nicht sehenswert!) "LA GOULETTE". Der "Av. H. Bourgouiba" einfach weiter folgen, findet man hier durchaus -kleine- passable "Restaurants" als "Faaastfoood"; für ein "Essen" zu zweit sind 7-9 TDN "drinn"!
Auch die UNESCO-Kampagne "Save Carthago" von 1972 - 1992 (über 20 ! Jahre!!!) hat noch vieles in der Geschichtsforschung offengelassen und es warten noch vielmehr "Geheimnisse", als man jetzt schon fand (im BARDO-Museum) und staunend, ehrfurchtsvoll in und um Tunis -KARTHAGO- besichtigen kann: Im "Open-Air-Museum" von Karthago; im Weltrang einmalig. Denn hier begann ein wesentlicher Teil der menschlichen Kultur-Geschichte und auch Europas "Sternstunden" begannen hier zu leuchten: wie meine "verzauberten" Augen!
CpS
(*1): Hier sind noch >aktive< tunesische Heilbäder und Kurbetriebe auffindbar!
(*2): Da im "Magon"-Viertel das Deutsche Archäologische Institut arbeitet: Sehenswert!
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