April 2004
Ich hatte nur ein Foto meines Vater's. In Uniform eines Soldaten des "Tausendjährigen Reiches". Gut sah er aus. Keck die Uniform-Mütze auf blondem Haar. Groß und schlank. Der Typus eines "echten Deutschen" aus der Sichtweise der Herrenmenschen. Silberne Runen-Zeichen an der Uniform, blitzblanke Schaftstiefel und der Totenkopf als Zeichen seiner Zunft: Der Mörder in Uniform!
So hatte ich's in der Schule, später mal im Nachkriegs-Deutschland, dem "Trümmer-Reich" gelernt.
Als "General", "Feldmarschall" hatte ich meinen Vater als Kind verehrt und auf IHN -in der fernen Kriegsgefangenschaft- gewartet. Jahr auf Jahr in der sog. "Schlechten Zeit" nach 1945!
Ein abgemagerter, verdreckter und ekelhaft stinkender Mann in zerrissenen Lumpen >Uniform-Reste< stand dann im halb-dunklen Flur unseres erbärmlichen "zuhause" bei meiner Großmutter. Mein Vater! Ein "Heimkehrer"; als Kriegverbrecher statt "strahlender Held" stand estmals leibhaftig vor mir: Mein Vater.
Sehr schwere und lange Zeit brauchte ich, um mich an "Den Fremden" an der Seiter meiner über alles geliebten Mutter zu gewöhnen. Nicht ich -der sog. "kleine Mann"- war nun mehr der Mittelpunkt unserer kl. Familie. 3 Generationen auf 40 m2. Ohne Bad, WC auf der Zwischenetage. 2. Zimmer in einem zerbombten, alten Haus.
Nicht sofort, eher spärlich erzählte der "Fremde Mann" dann mir aus seinem Leben, einer Jugend im Krieg und in Verblendung. Einen Satz aus den dann folgenden Erzählungen hab ich nie vergessen. Geschichten aus "glorreichen" Kriegstagen. "Heldentaten" von einer Front, vom Rußlandfeldzug. Von einem unvorstellbaren, grausamen Wahnsinn.
Von einer elenden, der Vernichtung aller Würde und Anstandes folgenden Zeit der Kriegsgefangenschaft. Von Hunger und Entbehrungen und der Sehnsucht nach uns -seiner Frau, seinem Sohn- und einem geordneten Leben, einem zuhause war dann der Tenor seiner Geschichten.
Und von einer Fahne war dann die Rede. Einer Fahne, die -Allen- voran flatterte. Der Millionen "blind" folgten. In ein Elend, ein Verderben, so wie's mein Vater -der einstige Fremde, der verdreckte Heimkehrer- mir erzählte.
Den Spruch meines Vaters habe ich in meinem Leben zum WAHLSPRUCH gemacht:
"Geh nie einer Fahne nach. Wenn die Fahne in den Schmutz fällt, fällst du mit."
Und in meinem Leben sah ich viele solcher Fahnen und Fahnenträger, die mich zu der ihren Fahne riefen. Die IHR so "blind" -wie dereinst scheint's mein Vater- folgten und mir zuriefen, ihnen zu folgen.
Ich tat's nie! Keine Fahne sah mich hinter sich laufen. Obwohl..., einigen Fahnen stand ich doch sehr nahe. Wurde wankelmütig. Fand Gefallen an der "Idee" dieser und jener Fahne. Letzendlich ging ich doch nicht mit: Hinter einer Fahne, die voranflattert!
Man(n) sah mich nie einer Fahne hinterher, nur öfter mal mit einer "Fahne", von leckerem Roten oder Weißen Wein geprägt "herumlaufen". Mehr schwankend und wankend, statt aufrecht laufend. Und dieser mir ureignen Fahne bin ich "treu" geblieben. Und werd's wohl so bis zu meinem Tode auch bleiben. Signalisiert SIE doch bei mir... "Freundschaft mit dem Guten"!
Und wer kann was gegen leckeren GUTEN WEIN, dem "Reinen Wein" haben? Und dem maßvollen Genuß?
Eure Weinnase
- on the road again -
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