Weinnasen-Geschichten aus 2004

Wandlung!


April 2004

Tach aber auch!

Das ist über 50 Jahre her, das ich zur 1. Heiligen Kommunion ging: Festlich, feierlich! Und im Unterricht, der der Erst-Kommunion voran ging, lernte ich, daß in der Eucharistie Brot und Wein gereicht werden, zu Blut + Fleisch gewandelt: Gottes Offenbarung!
Brot war mir als Sohn eines Bäcker- u. Konditor-Meisters bekannt. Aber Wein... den hatte ich nicht vom Tisch meiner Eltern, dem festlichen Sonntags- und Festtagsgeschehen mal abgesehen, stibitzen können. Aber nie mehr als einen kleinen Schluck -Glasreste-!
Umso neugieriger war ich auf den Meßwein, der ja in der Wandlung der Heiligen Messe, zum Blut Christi werden sollte.
Und dieser Neugier hielt an. Bis ich als Meßdiener die Gelegenheit bekam, für Kaplan Sülzen den Meßwein bereitzustellen. Einen großen Schluck aus der Flasche hab' ich mir genommen. Und ich war enttäuscht. Da hatten die Reste des Tischweines von der Festtafel meiner Eltern besser geschmeckt.

Und an dieses "Ereignis" erinnerte ich mich heute -am sog. Weißen Sonntag- zur Erstkommunion meines Neffen Lukas. Wie ernsthaft und gebannt er seine erste feierliche Messe mit Empfang der Heiligen Kommunion aufnahm. Anschließend ging's im Kreise greisiger Tanten und mir, dem Onkel zu Tisch in einem renommierten Restaurant. Mir wurde die Ehre zugesprochen, den Wein auszusuchen.
Als ich die "Getränkekarte" bekam, begann ich -innerlich, still vor mich her... zu fluchen- mich in ein Experiment einzulassen. Denn von "passenden" Weinen war nix, ganz und gar nix, auf der Karte zu sehen. Bloß >"Amerikanischer Rotwein"< oder >"Französischer Rotwein"< oder >"Portugiesischer Weißwein"< oder... so ging's die wenigen Positionen in der Karte weiter. Keine spezifizierenden Angaben. Keine Chance, einen Wein zu "identifizieren" oder zu bestimmen!
Je länger ich auf die Karte starrte, begann ich immer mehr zu ergrimmen, ob der Unverschämtheit des Wirtes, seinen -unerfahrenen oder nicht so "verwöhnten"- Gästen so etwas zuzumuten.
Bei der Position >"Deutscher Weißwein"< hatte ich die Chance, einer herbeihetzenden Bedienung meine Frage, welcher Weinn denn sich hier "verstecke" zuzurufen. "Augenblick, bring' ihnen die Flaschen" war die Antwort. Und schon war sie fort!

Knapp 5 Min. später standen SIE dann vor mir, 5 -gut gekühlte- Flaschen deutschen Weißweines von 5 verschiedenen Winzern, aus 5 verschiedenen Anbaugebieten.

Für mich so das 1. mal, eine solche Präsentation von Weinen zu erhalten. Um so überraschender war's was dann so vor mir stand:
RUWER-Wein vom Weingut Karthäuserhof des Winzers und Juristen Christoph Tyrell
2002er Spätlese -trocken-
Eitelsbacher Karthäuserhofberg
für 38 Euro im Lokal angeboten, 0,75 ltr.

Noch kritisch, ob der letzten negativen Erfahrungen des Jahres 2000 mit Produkten dieses Weingutes, war ich besonders auf der Hut und   k r i t i s c h . Die seltsame Art der Weinpräsentation tat ihr übriges, so daß das Glas mit dem mir angebotenen "Probeschluck" mir ein weiteres Wandlungs-Wunder offenbarte:
Konzentrierte Frucht von Pfirsich mit zarten Zitrusnoten und einem Hauch von Exotik. Reintönig, elegant. Genügend mineralisches, sauberes "Notenspiel". Absolut nicht "breit" sondern perfekt ausbalancierte Säure die mir ein vibrierendes Spiel auf der Zunge und einen harmonischen Abgang -mit langem Nachhall- zum Hochgenuß brachte. Erstaunlich filigran.

Dem "Kommunion-Wein" würde ich noch 5 Jahre Trinkgenuß und so 90 Punkte "ansehen". Toll!
Scheint's hat Tyrell eine bemerkenswerte Wandlung seiner Weine vollziehen können, die ich für EMPFEHLENSWERTEN GENUSS halte.

Uns passend zu Hühnerbrust und pochiertem Lachs mit Spargel und Estragon-Soße sehr "passend" serviert. Prima!!!

Eure olle Weinnase
- on the road again -


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