Weinnasen-Geschichten aus 2006

For ever young!


Juli 2006

Da wo in Düsseldorf das Leben rauschte und oft "wild" scheint. Da wo die Rock-Lady >Doro Pesch< lebte und ihre Familie hat, die "Toten Hosen" punk-frech hausten, dort wo Igor's Mannen an den S-Bahnhöfen saufend sich in Sinnlosigkeit brachten.
Dort wo Düsseldorf "rau und hart" geblieben ist und der "Hellweg" die Szene machte. Wo die "FORTUNA" ihre Fans beim "Heimspiel" den Fußball-Circus bietet, da bin ich -irgendwie- "zuhause". Und "junggeblieben".
Mitten im Kiez der Glamourstadt am Rhein. Mitten in ehem. Arbeiter- und "Arme-Leute"-Viertel der "Stadt der Millionäre" habe ichs erlebt, wie die Erde bebt wenn die Skins marschieren und sich nicht genieren "Ausländer raus" zu skandieren. Hier, wo in den Achtzigern des letzten Jahrhunderts die "Kiefernstrasse" den Stadtsäcken und verschissenen Politikern unheimlich Angst und den von der polit. Polizei - stets mit Spitzeln dabei - Grund für manchen Einsatz im >"sozialen Brennpunkt"< rechtfertigend bot!

Da wo die "Schlagetots" sich Straßen- und Häuserkampf einst boten, da war auch ich zuhause: In Dunkel-Flingern, direkt hinter der Cranach-Brücke an der Bruchstrasse. Im Schatten der städt. Müllverbrennung und Industriebrache. Wo die METRO-Bauten Kühle und Distanz zur Nachbarschaft signalisierten: die Handelsmacht am Rhein!
Für einige meiner Nachbarn ist hier >das Ende der Traumstrasse<: "Endstation Sehnsucht"!
Billige Wohnungen in Mietskasernen der 20-iger Jahre des letzten Jahrhunderts = Zeitzeugen der Industrialisierung dieser rheinischen Großstadt. Einstmals renoviert und saniert und meist an "Spätaussiedler" der 1. Generation und an die Leute Afrikas, Asiens und den ehem. GUS-Staaten (UDSSR) nun "teuer" subventioniert vermietet.
"Billigheimer" der ALDI-Versorgung sind die Versorgungsstätten. Kneipen mit "alt-deutscher" Gemütlichkeit in Eichenholz die "Billigtankstellen" für die "verhartzte IV. Kolonne" des ansessigen Arbeitslosen. Zerrissenes Pflaster, schlechte Infrastruktur, kleine, verdreckte Plätze. Durchgangsverkehr zur City im Lichterglanz - hier die dumpfe Dunkelheit durchziehend. Tristesse in einer Stadt, die an diesem Viertel zwischen Bahntrassen eigentlich kein besonderes "Pflaster des Trostes" oder Interesse hat. Eine urbane Randzone und der Tummelplatz für die üblichen Randständigen, ein paar Künstler, am Existenzminimum schrappende sog. Creative, etwas -wie fehl am Platze wirkender- Einzelhandel.
Ein Begräbnisinstitut, ein Metzger, ein Bäcker, ein teurer Blumenhandel. Nie pünktliche Busse und völlig verdreckte Haltestellen des ÖPNV, vor denen ich im Regen stehe und mir >so< meinen Stadtteil ansehe: Flingern-Nord!

Hochburg der Chancenlosen und Fluchtpunkt für die, die ihre Chancen schon vor langer, sehr langer Zeit verloren - vertan haben. Menschen in meiner Nachbarschaft. Müde Gesichter, graue, schlaffe Haut. Billige Kleidung. Billiges Leben und Spielsachen für billiges Kleingeld - Glück.
Bräunungsstudios, die das Fernweh und die Sehnscht nach Sonne und Urlaub stillen helfen. Leerstehende Kirchen, nun zum erzbischöflichen Abriss freigegeben, damit weitere Mietskasernen auf kirchlich-sozialem Grund entstehen können. Einnahmensichere Vermietung ist ja garantiert und subventioniert bei dem hier herrschenden Wohnungsnotstand meiner Heimatstadt am rhein: Düsseldorf hat die zweithöchsten Mieten in Deutschland!

Places for >" BEAUTIFUL LOSER "<, das ist Flingern mit seinen Hinterhöfen und ehem. kleinen Gewerbebetrieben und Fabriken, die in Konkurs gingen und an eine extrem wirkende Kunstszene übergingen. Creative "siedeln" hier bevorzugt. Es herrscht kein Mangel an Zuzug von "schrägen Vögeln" und "bunten Menschen".
Musiker neben Metallbau-Schlosserei. Mode-Designerin als Nachbarin einer türkischen Kultur-Gemeinde (=private Moschee!), Eisdiele mit Waschsalon-Stil; Sushi-Mushi-Girls neben übergewichtigen African Mamas im PLUS. Der Möbelhandel "seit 1950" in Dunkelheit eines Möbelhauses mit blinden Schaufensterscheiben. Die Döner-Bude neben der altdeutschen Kneipe mit 85-Cent-Bier gibts hier wie Internet-Shops voller Plakate und BILLIG-Angebote zum Heim-Telefonanruf neben MONSTER-Videos. Und Leerstand beim Einzelhandel!

Flingern ist ein Stadtviertel zwischen 2 S-Bahn-Stationen und Eisenbahnbrücken. Bürgerliches "Arbeiter-Viertel" als Relikt aus der sog. "Blaumann"-Zeit der Industriestadt Düdo!

Flingern lebt und erlebt seine Veränderung mit mehr Würde und Menschlichkeit als Derendorf oder Bilk oder Oberkassel für >Beauty's< es taten und für Grenzgänger wie mich verloren gingen. Hier in Flingern, wo Randständige wie anständige Bürger noch nebeneinander leben und sich ertragen können - überleben können. Noch ihre "Freiheiten" ausleben können: Rock'n Roll meets Heino und ebenso "Heavy Metal"!

Alles klar? All dies und noch viel mehr war Flingern. Wie's "morgen" sein wird, steht in den Immobilien-Anzeigen und spukt in den Köpfen der bürokratischen Stadtplaner und Entwicklungsbüros der Yuppie-Generation!

Das wars schon: FLINGERN ist mein Kiez!!!
CpS

Barbara: und meiner auch, ich wohne hier seit mehr als 22 Jahren und: ich wohne gerne hier, ich liebe FlinGERN!


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