18.11.2007
Tach aber auch!
Man wird oft -wie ich- beneidet, wenn ich durch die Straßen, Plätze und Alleen (m)einer Stadt flaniere.
Müßig "lustwandele". Mich unschaue und die vielen Ein- und Ausblicke genieße. Spazieren gehen heißt es allenthalben!
Wander, langsam genug, um die Umwelt bewusst auf- und anzunehmen. Ihre Geräusche, Gerüche, Farben und Menschen.
Promenieren nannte man dies in den ruhigen, alten Zeiten. Der Sozialökonom Lucius Burckhardt (gest. 2003) hate für diese Art de assoziativen Wahrnehmungsweise des Menschen eine neue Lehre "erfunden". Die Promenadologie - stets neue Eindrücke mit abgespeicherten Bildern und Erlebnissen vergleichen, vernetzen (verknüpfen) und neu arrangieren und Wissen erweitern. Mit heiterem Gemüt eines geistreichen Metrolpolenflaneurs als Walter Benjamin; Beau Brummell benutzte die Straßen und Plätze wie einen Catwalk (=Laufsteg!). Die diversen, divergierenden "Atmosphärenfelder", Szene-Viertel und "angesagte" Places to be, Cafés, Restaurants, Bars genießen.
Einige Flaneure genossen dies in Stille und abseits "dem Bad in der Menge", daß Edgar Allen Poe liebte. Mir liegt mehr Orhan Pamuk, der sich durch sein lautes, dreckiges, stinkende, buntes, lebendiges Istanbul - die einzige Stadt auf der Welt auf zwei Kontinenten - ins märchenhafte Abschweifen und sanfte, "Treibenlassen" verliert.
Die Gemächlickeit macht sich bei mir breit. Nicht als Dandy - wie dereinst einmal in Rom, Brüssel, Paris, London oder Berlin, NY, und meinem niederrheinischen "Dorf an der Düssel", daß eine anerkannte Großstadt ist!
Einst, als geckenhaft gekleidete Adelige und der königl. Hof in eigens dafür engelegten Parks "lustwandelten", gabs den Bürger (Arbeiter und Bauer) als Müßiggänger doch -noch- nicht. Wer flanieren konnte, brauchte sich um sein Leben und aufwendigen Unterhalt keine sonderlich große Gedanken zu machen. Er brauchte i.d.R. auch nichts wesentliches für die Sozial-Gemeinschaft zu leisten oder für seinen Lebensunterhalt, seinen so verschwenderischen Stil, arbeiten oder sich zu mühen!
"On the road again" -gesund und munter- und intensiver (er-)leben, empfinde ich als Privileg. Die von mir selbstgewählte "Verzögerungstaktik" des eigenen, angemessenen Schrittes genießen, mich dem Tempo anzuvertrauen, Aufmerksamkeiten dosieren, das Große im Kleinen liegend erkennen, "unauffällige" Schönheiten zu erblicken, mit allen -wachen- Sinnen mich in meiner Umwelt zu bewegen, das Ziel mal ganz gezielt nicht beachten; die tumbe Faulheit abstreifend, mich "entschleunigend" zu nichts Wesentlichem entscheidend und die Hektik meidend. So liebe ich es seit Jahren, mich der Hetze und Fron zu entziehen, meiner Wege zu ziehen!
Diese Freiheit mit Genuß -Zeit im Überfluß- nehme ich mir, so oft es mir meine Gesundheit und das Wetter es so belässt, zu flanieren, mirs "bunte Treiben" um mich, auf mich, wirken zu lassen.
Hier einen Café, dort einen "offenen (Glas) Wein", ein eisgekühltes Cup de Champagne, ein paar so unverbindlich-freundliche Worte, einen längeren, "tiefen" prüfenden Blick in schöne Damenaugen. Auslagen und Schaufenster, Märkte; und Schlagzeilen der Zeitschriften/Presse in Händen anderer kurz zu überblicken.
"Musik der Straße" und ab und an die Musiker auf der Straße, Sprachfetzen, Laute fremder Sprachen, Sprachlosigkeiten, Geschreie und Kindergekreische, nachdenkliches Schweigen. In all dies kann ich mich "hüllen" und es genießen: Vielfalt aller Sinneseindrücke!
Funktionslosikeit und Heiterkeit!
Nun,dies ist meine Art und Weise, durchs Leben zu g e h e n und mir alles gemessen zu besehen und "es" zu g e n i e ß e n , statt nur in Hektik und mit Streß zu verdrießen!
Und damit will ich meine Betrachtung über den "Gang der Dinge" nun beenden und hoffe, bald wieder
on the road again zu sein; meinem Krankenbett entgangen.
Euure Weinnase,
alias CpS,
>Spaziergänger der Lüfte< (Filmtitel)!
NS:
Heute bekam ich Besuch - Krankenbesuch von einem netten jg. Pärchen, daß noch so verliebt turteln konnte. Meine Frau hatte uns eine "Rheinische Spezialität" -von mir flämisch abgewandelt- serviert und ich dazu einige Weine "spendiert":
- Pikante Ingwer-Kürbis-Suppe (mit Äpfeln und Möhren).
-Sauerbraten vom "Trab-Trab" mit Pflaumensoße (flämische Bratensoßen-"Variante"; aus getr. Pflaumen und Chili); Honig-Apfel-Rotkohl und Klößen "halb und halb" in Thymian-Jus fein abgeschmeckt.
- Geeiste Schokoladen-Chreme mit Walnüssen.
Genossene Weine:
- 2006er "Rivaner" vom Bio-Weingut "Brühler Hof", aus 55546 Volxheim -Rheinhessen-. Mit nur 11,0 % Alk. (!) ein leichter, spritziger Weißwein mit harmonischen Aromen, präsenter Säure, passt sehr gut zum würzig-pikanten Muskat-Aroma des Kürbis!
-2003er "MORGON", Domaine Loic & Noel Bulliat AC; "Cuvée Vielles Vignes" -Parzelle mit über 70 Jahre alten Stöcken- 12,5 % Alk; mit reifen, weichen Fruchtnoten.
Diesen Wein habe ich auch für die Beize des Sauerbraten gewählt; hervorragendes Söß'chen ergab dies!
-2002er "Caillac", Château d'Arlus AC; "Vieille en Fûts"; 12,0 % Alk; expressive Noten mit stabiler Säure, "stand" er "seinen Kerl" gegen die Säuren (=Essige) und pikanten Gewürze des Sauerbraten aus dem "Trab-Trab"!
-2004er "Saint Laurent", Pfalz -trocken- vom WG Brenneis-Koch, Bad Dürkheim-Leistadt; 13,5 % Alk; ein wahrlicher Klassewein aus der Burgunderfamilie und unsere Geschmackskanone. Der passendste Rotwein zum Sauerbraten!
- 2004er "ZWEREST" Zweigelt (Cab. Sauv.) trocken vom Bio-Weingut "MeinKlang" vom Neusiedlersee-Burgenland (Österreich); 14 % Alk,; die feinen Röstaromen, Kirschen und subtilen Würznoten harmonierten perfekt zum Dessert.
Leider hatte die von mir vermisste "Echte" Barbara Becker ihre "Couch-Tage" (nach harter, sonntäglicher Arbeitszeit) und war nicht mit uns zum Genuß im Überfluß zu bewegen!
[Barbara: wenn ich das hier lese, bedauere ich es sehr, das verpasst zu haben!]
So "bedanke" ich mich, wenn ich nach 2, 3, Wochen Besuch am langweiligen Krankenbett von lieben (Wein-)Freunden bekomme. Es kommt ja kaum jemand sonst mal vorbei in mein ödes Einerlei!
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